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Das tägliche Zwiegespräch

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„Warum lachst du?"

„Ich hab' doch gar nicht ge- lacht...?"

„O ja, ich hab' genau gesehen, daß du hinübergelacht hast..."

„Da hast du falsch gesehen. Mir ist nicht zum Lachen."

„Aber der Mann drüben lacht ja noch herüber..."

„Soll er lachen. Ich hab' ihm kei- nen Grund gegeben. Wahrschein- lich lacht er über dich."

„Über mich??... Warum sollte er über mich lachen? Bin ich lächer- lich, weil ich neben dir sitze?..."

„Du bist lächerlich mit deinem Fragen..."

„Aha! - woher weiß er denn, daß ich frage? He?? Weil du ihn so ange- sehen hast, daß er gespannt beob- achten muß, was ich dazu sage..."

„Er lacht dich aus..."

„Gestehst du es?... Ein fremder Mann lacht mich aus. Wie kommt ein Fremder dazu, mich auszula- chen? Weil ich ihm komisch vor- komme..."

„Das bist du auch..."

„Natürlich bin ich es. Wenn man neben einer Frau in einem öffentli- chen Lokal sitzt, die sich lang- weilt..."

„Ich langweile mich nicht. Du langweilst mich..."

„Ich langweile dich, weil du dich neben einem... geistigen Menschen immer langweilen wirst... Ja, wenn ich ein Langstreckenläufer wäre, ein Tennisspieler, ein Sportbu- berl..."

„Pah..."

„Sag nicht pah, ich kenne euch, das habt ihr alle..."

„Wer ist ,alle'?"

„ Eure ganze Familie... Deine zwei Schwestern..."

„Zieh nicht die Famil ie herein..."

„... Die eine ist geschieden..., man weiß, warum..."

„Zieh nicht die Familie herein..."

„Die andere geht mit einem Ha- lun..."

„Beleidige meinen Schwager nicht! Zieh nicht..."

.....einem Hochstapler..."

„... meine Familie herein. Wenn ich über deine Familie zu reden anfange..."

„Meine Familie, ha..."

„Deine Brüder..."

„Und dein Onkel Edmund?..."

„Das war der Bankenkrach... Er ist der anständigste Mensch... Aber ihr..."

„Weil ihr euch langweilt!..."

„... Als man deinen Bruder in die geschlossene Anstalt brachte..."

„Alle Schwindler!... Unernstes Pack!... Analphabeten!..."

„Krankhaft seid ihr!... Nar- ren!..."

„Nimm das zurück!"

„Nimm das zurück mit den Anal- phabeten..."

„... Jetzt weinst du, siehst du. Erst hast du gelacht."

„Hu... ich haa... ich haa..."

„Das wäre nicht nötig gewesen, wenn du einen fremden Mann... jetzt zahlt er und geht..."

„... ich haabe gar nicht ge..."

„Wein nicht. Sonst muß ich wei- nen. Der Mann ist ja schon weg."

„Was geht mich der Mann an?... Geh ihm doch nach, frag ihn, war- um er gelacht hat..."

„Na, ja... vielleicht hat er ein so dummes Gesicht... es gibt Men- schen, die immer lachen..."

„Ich lache ja auch manchmal ohne Grund."

„ Verzeih... ich werde niemals..."

„Warum soll man denn nicht lachen?..."

„Ich bin ein Schurke..."

„Vielleicht hab' ich sogar unbe- wußt gelacht..."

„O bitte: lache!"

Aus: DAS HEITERE BUCH DER LIEBE.Ein Lesebuch. Hrsg. von Klaus Waller. Wilhelm Hex- ne Verlag, München 1990. 382 Seiten, öS 68,64.

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