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„Jung, international und modern“

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Das Wiener Konzerthaus, 1913 eröffnet und so alt — oder so jung — wie sein jetziger künstlerischer Leiter, veranstaltete einen Festakt zur Feier seines 40jährigen Bestandes. Man spielte einen Satz aus Bruckners Streichquintett, die Bläserserenade von Richard Strauß und4 vier Stücke aus „Apollon Musagete“ von S t r a w i n-s k y. Jedes dieser Werke symbolisiert eine zeitliche Phase und alle drei das Programm, die Generallinie dieses Instituts. Hier verhalf der erste Konzertdirektor, Ferdinand Löwe, dem damals noch umstrittenen Werk Anton Bruckners zum Sieg; hier erklang zur Eröffnung das „Festliche Präludium“ von Richard Strauß, der nicht nur an der Spitze der Ehrenmitglieder steht, sondern damals auch der repräsentativste Komponist der „neuen Richtung“ war, und hier fanden seither zeitgenössische Komponisten aller Richtungen und aller Länder eine Heimstätte. Als ihr zunächst umstrittenster, später anerkanntester und als „Klassiker der Moderne“ gefeierter Vertreter kann Igor Strawinsky gelten.

Im Laufe dieser 40 Jahre wurden hier hunderte neuer Werke aus der Taufe gehoben. Von 1913 bis 1936 gab es jährlich etwa ein bis zwei Uraufführungen. Seit den „Internationalen Musikfesten“ steigt deren Zahl sprunghaft an und erreichte 1951 mit 17 Werken einen Höhepunkt. Zwischen 1922 und 1946 fanden im Konzerthaus eine bis acht Erstaufführungen statt; in den Jahren 1947 bis 1953 sind es durchschnittlich fünfundzwanzig. Mit diesen Zahlen steht die Kon-zerthausgesellschaft nicht nur in Oesterreich, sondern auch im internationalen Musikleben an einer der ersten, wenn nicht gar an allererster Steiler Ganze Spalten könnte man aber auch mit den Namen der Interpreten füllen, die in den Sälen des Konzerthauses musiziert haben: Dirigenten, Instrumentalsolisten, Sänger, Chöre und Gastorchester, — So wurde das Musikleben Wiens hier Jahr für Jahr bereichert und das Wirken der großen Schwestergesellschaft am Karlsplatz ergänzt.

Diese kontinuierliche Arbeit haben auch die Vertreter des Staates und der Stadt ohne Vorbehalt anerkannt. Die gegenwärtige Leitung der Konzerthausgesellschaft forderte Unterrichtsminister Dr. Kolb auf, ihrer Generallinie weiterhin zu folgen und „jung, international und modern“ zu bleiben. Diesem Programm entspricht auch die Liste der neuernannten Ehrenmitglieder, unter denen sich die folgenden Komponisten befinden: Josef Matthias Hauer, Igor Strawinsky, Arthur Honegger, Frank Martin, Egon Kornauth und Johann Nepomuk David.

Aber es wäre illusionistisch, zu meinen; daß sich ein „Programm“, eine einmal festgelegte „Generallinie“, von allein verwirklichen und verfolgen lassen. Hierzu bedarf es einer künstlerisch begabten und aufgeschlossenen Persönlichkeit, die nicht nur wissen soll, was in der Welt der Musik vorgeht und welche Stunde es geschlagen hat, sondern die auch jenen initiativen Geist besitzen muß, den man beim Künstler „Phantasie“ nennt. Die Konzerthausgesellschaft hat das Glück, in der Person von Doktor Egon Seefehlner einen solchen Musageten zu besitzen, der den etwas bürokratischen Titel eines ..Generalsekretärs“ führt und das Vertrauen des Präsidenten der Gesellschaft genießt. Da hier einmal der seltene Fall einer vollkommenen Harmonie, einer Konkordanz zwischen einem Mann und der ihm gestellten Aufgabe besteht, vermerkt der Chronist dieses Faktum, das im gegenwärtigen Kulturbetrieb fast ein Kuriosum darstellt, mit respektvoller Zustimmung.

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