6791558-1970_40_14.jpg
Digital In Arbeit

Mutprobe

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn es schon erstrangigen Musiktheatern nicht leicht fällt, eine vollendete Aufführung von Strauss' „Frau ohne Schatten“ zustande zu bringen, so bedeutet sie um so mehr für eine mittlere Bühne ein Wagnis. Das Linzer Landestheater hat nun kühnen Mutes mit der „Frau ohne Schatten“ seine neue Opernsaison eröffnet und dabei verhältnismäßig gut abgeschnitten.

Am besten ist dies auf dem orchestralen Sektor gelungen, dem die vom Opernchef Peter Lacovich aufgewendete, sorgfältige Probenarbeit anzumerken war. Es ist für ein mittelstark besetztes Orchester natürlich nicht leicht, Stellen, wie dem mit so leidenschaftlicher Melodik ausgestatteten Monolog des Kaisers zu Beginn der Oper entsprechenden Glanz oder den Zwischenspielen die intensive Strauss-Koloristik zu geben, das Jubelquartett des Kaiser- und Färberpaares am Schluß mit der imposanten Kraft der Bläserfanfaren zu erfüllen. Immerhin wurde mit den vorhandenen Mitteln das Bestmögliche erreicht, was nicht zuletzt als ein Verdienst des Dirigenten gelten kann. Seine Ausdeutung der Partitur ist im wesentlichen auf Durchleuchtung der thematischen Struktur bedacht, sie betont gleichwertig den dramatischen und lyrisch-gefühlsmäßigen Duktus, gibt den großen Melodiebogen sensible Agogik und den Kontrastwirkungen die richtige Dosierung. Der ansonsten gute Kontakt zwischen Bühne und Orchester leidet nur durch gelegentliche For-tissimoeskapaden des Dirigenten, mit denen er dann die Sänger zudeckt. Was die Besetzung betrifft, so kommt die Vorrangstellung dem Färberpaar zu. Hier gesellt sich zu dem warm-timbrierten, in der Höhe schlagkräftigen Baßbariton Conrad Immeis der füllige, dramatische Sopran Valerie Collins, zusammen zwei Stimmen, die mit ihrem Duett im dritter» Akt einen Höhepunkt der Vorstellung ersangen. Ihnen zunächst kam Veijo Var-pio, der als Kaiser einen schönen, für die Zukunft noch mehr versprechenden Tenor hören ließ. Auch der vornehme, in der Höhe leuchtkräftige Mezzo Helga Wagners hat seine Qualitäten, doch bringt er für die Dämonie, wie sie die Rolle der Amme verlangt, zu wenig Ausdruck mit. Intensität und Durchhaltevermögen für die anstrengende Partie der Kaiserin besitzt der hochdramatische Sopran Angelika Novaks, leider auch gelegentliche Schärfen in der akuten Höhe. Der Geisterbote war mit Helmut Berger-Tuna, die drei Barakbrüder mit den Herren Päckl, Mes-sany und Kathan darstellerisch und gesanglich gut besetzt, auch die kleinen und kleinsten Rollen hatte man nicht vernachlässigt. Nicht sehr glücklich ließ sich die Regie Alfred Schönolts an. Auch eine symbolträchtige, nicht leicht zu entwirrende Handlung braucht in der Personenführung nicht so sehr auf Statik angelegt zu sein, wie es hier der Fall war. Und noch weniger notwendig erscheint es, die Sänger bei Monologen ganz vorne an der Rampe zu postieren: „Schaut her, ich bin's!“ Oder sollte damit die Stilisierung der Bühnenbilder unterstrichen werden? Heinz Köttel hat in ihnen die Atmosphäre der einzelnen Spielebenen ausgezeichnet getroffen, den dunklen, armseligen Lebensraum des Färbers, den hellen Palast des

Kaiserpaares, den träumerischen Wald und den Geistertempel dieser einzigen romantischen Oper Richard Strauss'.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung