Trip für wetterfeste Kulturmenschen

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Furche-Leserreise nach Irland: gute Stimmung, abwechslungsreiches Wetter und viele landschaftliche und kulturelle Attraktionen.

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Furche-Leserreise nach Irland: gute Stimmung, abwechslungsreiches Wetter und viele landschaftliche und kulturelle Attraktionen.

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Hecken, kleine Mauern, Wiesen, Felder, Weiden, selten Bäume oder Häuser, in der Ferne Hügel, Siedlungen, manchmal Gewässer - die Landschaft entlang den Straßen Irlands ist abwechslungsreich und zieht die Blicke der Reisenden im Bus in ihren Bann. Plötzlich Heiterkeit: In gewissen Abständen tauchen Schilder mit der Aufschrift "No dump" auf. Die Mahnung, hier keine Abfälle wegzuwerfen, bringt die ferne österreichische Innenpolitik, in der bisweilen verbaler Unrat abgesondert wird, in Erinnerung.

Die fröhliche Gesellschaft besteht aus 26 Personen, die an der von "Biblische Reisen" organisierten furche-Leserreise durch die Republik Irland teilnehmen. Reiseleiter ist der Salzburger Bibelwissenschafter und Kirchenhistoriker Peter Hofrichter, der auf den langen Fahrten bestens über Irlands Mönche und Heilige, das dortige mittelalterliche Klosterleben und seine Ausstrahlung informiert. Wenn er nicht am Wort ist, führt die ortskundige Irin Mary resolut das Kommando, ein Gentleman namens Jerry chauffiert uns sicher durchs Land, uns - denn auch der furche-Chefredakteur ist mit von der Partie und steuert zeitweise den Namen einer irischen Stadt tragende Gedichtlein, sogenannte Limericks, bei.

Die Reise begann am 10. Juli mit dem Direktflug Wien-Dublin und einigen verlorenen Koffern, die zum Glück tags darauf beim Frühstück schon nachgeliefert waren. Im Bus hörten wir, dass Irland eine für Europa ungewöhnlich junge Bevölkerung aufweist (50 Prozent unter 25 Jahre). Die Iren sehnen sich nach einem Eigenheim - sie mögen keine Wohnblocks - und nach neuen Autos (die Autonummer verrät das Alter des Fahrzeuges). Dabei sind soziale Probleme wie eine zunehmende Drogenszene trotz der stark gesunkenen Arbeitslosigkeit (von 16 auf vier Prozent) und trotz der am schnellsten wachsenden Wirtschaft in der EU nicht zu bestreiten. Computer- und Pharmaindustrie und Tourismus boomen. Mitreisende, die das Land schon besucht und als "verschlafen" in Erinnerung haben, bestätigen, dass sich Irland verändert hat.

Für unsere Reisegruppe steht vor allem das historische Irland auf dem Programm. In Dublin besuchen wir die St Patrick`s Cathedral, ebenso wie die Christ Church Cathedral noch fest in anglikanischer Hand, obwohl die überwältigende Mehrheit im Land katholisch ist, bewundern im Rahmen der Stadtrundfahrt die georgianischen Bürgerhäuser mit ihren schmucken Toren, passieren die weltberühmte Guinness-Brauerei und viele andere wichtige Bauten und Denkmäler. Am Ende der Reise wird noch ein Besuch im Nationalmuseum und im Trinity College, wo das Book of Kells, eine einzigartige illustrierte Bibelhandschrift aus dem 9. Jahrhundert, aufbewahrt wird, folgen.

Natürlich sind die 170 Stunden, die wir auf irischem Boden verbringen, viel zu kurz, um das Land wirklich kennen zu lernen, zumal das Wetter an manchen Orten alles andere als optimal ist. Es soll schon Jahre gegeben haben, nach denen Iren zueinander sagten: Heuer war der Sommer an einem Mittwoch. Oft erlebt man auch alle vier Jahreszeiten an einem Tag, ständigen Wechsel von Regen und Sonne, viel Wind. Das lässt die "grüne Insel" gedeihen, auf der Ende Mai noch mehr Pflanzen in prachtvoller Blüte stehen als im Juli. Das Sightseeing spielt sich zu einem großen Teil an der frischen Luft ab: in Klosterruinen, in Schlossparks, in reizvollen Landschaften.

Ein Tagesausflug von Dublin führt uns nach Norden. In Monasterboice fasziniert uns das Muiredach-Kreuz, das schönste aller irischen Hochkreuze, die Ruine von Mellifont Abbey weckt durch den typisch zisterziensischen Grundriss Assoziationen zu Heiligenkreuz, die Grabanlage von Nowth gilt als reichster neolithischer Fund, der je in Europa gemacht wurde. Am Boyne-Fluss fand im Juli 1690 jene Schlacht zwischen Protestanten und Katholiken statt, deren Ausgang der "Oranier-Orden" heute nochfeiert. Waren schon um 1540 unter Heinrich VIII. die irischen Klöster aufgehoben und geplündert worden - den Rest des Zerstörungwerkes besorgten hundert Jahre später Oliver Cromwells Mannen -, so wurden nun die Katholiken total unterdrückt. Erst 1828 erreichte Daniel O'Connell ihre rechtliche Gleichstellung.

Am 12. Juli brechen wir nach Süden auf: zum Landsitz Powerscourt mit seinem prächtigen Park, zur Klosteranlage Glendalough, zur Burg von Kilkenny, nach Waterford mit seinem Reginald's Tower aus der Wikingerzeit. Echte Highlights am folgenden Tag sind die Ruine von Jerpoint Abbey und der Burgfelsen von Cashel. Die volle Schönheit des Ring of Kerry und der Halbinsel Dingle können wir im Regen nur ahnen, der Landsitz Muckross House macht jedenfalls Eindruck, ebenso das frühchristliche Kirchlein Gallarus Oratory. Wir verbringen zwei Nächte in Tralee, wo wir mit echtem Gewinn das Siamsa Tire-Folk Theatre besuchen.

Als wir am 15. Juli "Irlands hübschestes Dorf" Adare mit seinen strohgedeckten Häusern, die sehenswerte Burg von Bunratty, der ein rekonstruiertes Dorf angegliedert ist, die hohen Klippen von Moher und die Felsregion Burren mit Blick auf die Aran Islands besuchen, ehe wir in Ennis Vorabendmesse feiern und übernachten, ist zum Glück wieder Schönwetter eingekehrt. Das bleibt uns auch treu, als wir tags darauf über Clonmacnoise, eine eindrucksvolle Klosteranlage, nach Dublin zurückkehren.

Viele Orte, die Reiseführer anpreisen - wie der empfehlenswerte"Club-Reiseführer Irland" von Lisa Gerard-Sharp und Tim Perry (Falk Verlag, München), aus dem Bilder auf dieser Seite stammen -, konnten wir gar nicht besuchen, aber wir begreifen, warum Irland so viele große Autoren hervorgebracht und so viele von auswärts angelockt hat. Als wir am 17. Juli im Flugzeug nach Wien sitzen, kommt uns vor, dass die ganze Woche wie im Flug vergangen ist.

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