Waldmüller - © Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Waldmüller-Schau im Belvedere: Anekdotisch, dramatisch, politisch

19451960198020002020

War früher wirklich alles besser? Dies hinterfragt eine Ausstellung im Oberen Belvedere zu Waldmüller und seiner Zeit – mit Augenzwinkern und Tiefgang gleichermaßen.

19451960198020002020

War früher wirklich alles besser? Dies hinterfragt eine Ausstellung im Oberen Belvedere zu Waldmüller und seiner Zeit – mit Augenzwinkern und Tiefgang gleichermaßen.

Werbung
Werbung
Werbung

Ein Mädchen, das in Ferdinand Georg Waldmüllers „Christtagmorgen“ eifersüchtig die Hände um die eben erhaltenen Geschenke legt, ein Bub, der leer ausgegangen ist, eine Schwester, die ihn mit einem Apfel tröstet. Das Kind, das sich in Peter Fendis „Pfändung“ vor dem Gerichtsvollzieher auf den Boden kniet, der Mann, der die Augen in der Hand verbirgt. Hatten es die Menschen früher wirklich besser?

Gerade in einer Zeit, in der uns die Geborgenheit des Häuslichen erneut attraktiv gemacht werden soll und man gerne von einem Neo-Biedermeier spricht, war es nicht weit hergeholt, dass das Belvedere Waldmüller und seiner Epoche eine Ausstellung widmet – zumal derzeit pandemiebedingt allerorten die Konzentration auf die eigene Sammlung im Mittelpunkt steht. Gegliedert hat man die knapp 110 Werke nach provokanten Fragen wie „Mehr Schein als Sein?“, um „die Sammlung neu zu betrachten, ans Heute anzubinden und liebgewonnene Klischees jener Zeit auf den Prüfstand zu stellen“, wie Direktorin Stella Rollig sagt. Denn auch, wenn uns das Biedermeier immer als Synonym für heile Welt vermittelt wird, so waren idyllisches Landleben und unbeschwertes Familienglück nur die eine Seite, welche in der damaligen Kunst ihren Niederschlag fand. Selbst in Werken, die scheinbar das häusliche oder ländliche Glück oder die Volksverbundenheit der Herrscher abbilden, wurde in Wahrheit politisiert. Und auch Armut, Einsamkeit und sozialer Abstieg waren Themen der Künstler.

Künstlerisches Dreigestirn

Den Beginn der Schau macht man mit Waldmüller, dem zwar der Ausstellungstitel gewidmet ist, der aber in Wahrheit mit Friedrich von Amerling und Josef Danhauser das künstlerische Dreigestirn der Epoche bildete. Die große Kunst Waldmüllers lag, so wird es hier augenscheinlich, im Blick für das Detail, ihm entging kein feines Fältchen, keine Rötung der Augen, keine Asymmetrie, wenn er beispielsweise Rosina Wieser porträtierte. Nicht umsonst war er damals der führende Porträtmaler. Auch mit der Kreation von Atmosphäre durch Licht war Waldmüller seiner Zeit voraus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung