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Steirisches Biedermeier

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Wer von der Kunst des Biedermeier spricht, denkt in erster Linie an Wien und vergißt vielleicht dabei, daß Österreich überhaupt eine Reihe von namhaften Künstlern hervorgebracht hat, die zwar nicht die Höhe eines Waldmüller, Fendi oder Amerling ereicht haben, aber doch in der gesamten Kultur des österreichischen Biedermeier einen beachtlichen Platz einnehmen.

Es ist ein großes Verdienst der Grazer Neuen Galerie, die sich in dem schönen Palais in der Sackstraße befindet, daß sie in einer Ausstellung im Rahmen der Grazer Festwochen die besten Leistungen des steirischen Bied/rmeier der Öffentlichkeit zugänglich machte. Von den ausgestellten Künstlern ragt insbesondere Christian Ernst Moser und Ferdinand Mallitsch, ein Schüler Ferdinand Georg Waldmüllers, hervor.

Moser ist vor allem Porträtist. Seine sachlich treue und vor allem realistische Wiedergabe des Tatsächlichen spricht ebenso aus seinem Porträt „Lori Warnhauser“ wie aus dem ganz hervorragend lebensnahen Bildnis seiner Mutter. Dieselbe Naturtreue hält er in seinen Genrebildern, die die bescheiden, kleinbürgerliche Welt der damaligen Zeit zum Motiv haben und leise in ihrer Art an Schillers Welt in „Kabale und Liebe“ erinnern. Eine rührende Sorgfalt im Detail entwickelt er in seinem Bild „Mäusefalle“, während er in dem Bild „Christus heilt einen Stummen“ sich nicht von der starren, traditionellen, etwas gehemmten Malweise alter Heiligenmaler trennen kann. Typisch für Moser ist, daß seiner Malerei das Ornamentale fehlt, ferner, daß seine Kinderporträts des absolut kindlichen Zuges entbehren. Ein Wesenszug seiner Malerei, wie aller Maler des Biedermeier ist auch, daß sie ihren Modellen eine Haltung geben, die wir heute als die bewußte Photographierpose aus der Anfangszeit der schwarz-weißen Kunst nennen. Mit seinen zumTeil in Aquarell, zum Teil in Deckfarbe gearbeiteten Bildern „Waldlichtung bei Gallizin“ und „Bachschleife und Ziehbrunnen bei Hacking“ und seinen Tiergartenbildern beweist er, daß er auf seinen Wander- und Kunstfahrten Wien wiederholt besucht hat.

Ferdinand Mallitsch ist der zweite der bedeutenden Maler des steirischen Biedermeier. Am Beginn seines Schaffens steht er noch stark unter dem Einfluß seines Lehrers Waldmüller, um sich in späteren Jahren zu einem eigenen Stil durchzuringen. Mit besonderer Liebe schildert er in seinen Bildern die bäuerliche Welt, die zum Llnterschied von den späteren Salonbauern Defreggers eine absolute Echtheit besitzen. Eines seiner besten bäuerlichen Bilder, der „Findling“ ist in der Ausstellung zu sehen. Daneben zeigt die' Neue Galerie noch ein Selbstporträt, ein Porträt Waldmüllers und dessen Gattin und ein Bildnis der Frau Hedwig Pauer von ihm.

Neben diesen beiden größten steirischen * Künstlern des Biedermeier sehen wir noch einige Werke anderer Künstler, die zu dieser Zeit in der Grünen Mark lebten.

Von Josef Kuwasseg ist das eigenartige Panorama von Graz ausgestellt. Den Vordergrund bildet eine Bergeshöhe im Norden der Stadt, von der man einen herrlichen Ausblick über Graz bis tief in das Grazer Becken hinein genießt. Zu beiden Seiten schieben sich die sanften, Graz im Osten und Westen säumenden Hügelketten in das Bild, im Hintergrund verschwimmen in zarten lasierten Tönen die ' heutigen Grenzberge. Der Vordergrund, leicht und figural belebt, wird auch von einer in das Bild blickenden zeichnenden Männerfigur eingenommen, in der offenbar der Künstler sich selbst darstellen wollte.

Das Bild selbst ist spiegelverkehrt gemalt. Das Bauwerk der Gnaden kirche von Maria-Trost liegt rechts im Bilde, wogegen es, von diesem Blickpunkt aus gesehen, links im Bilde sich befinden müßte. Dafür liegt die Ruine Gösting links im Bild. Der Künstler beabsichtigte offenbar die Herstellung einer Steinzeichnung, denn in der Tat sind auch die Initialen des Meisters spiegelverkehrt.

Von Konrad Kreuzer stammt das Bild „Maria - Trost“, das den schönen Gnadenort noch ganz in der Traulichkeit der damaligen Zeit, ohne die häßlichen Villen der heutigen Zeit zeigt. Von seinem Bruder Vinzenz Kreuzer bringt die Ausstellung das Bild „Abschied der Braut vom Elternhaus“, ein feinsinniges Genrebild, das die ganze Noblesse der damaligen Art offenbart. Bilder von dem Blumenmaler Ignaz Hofer, dem Köflacher Josef Tunner, der einer Hammerherrnfamilie entstammt, von Franz X. Nager, der sich besonders als Restaurator einen Namen schuf und von dem Aquarellisten Johann Passini vervollständigen die Ausstellung der Neuen Galerie.

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