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Ein Mann allein

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Im Jahre 1773 wurde bekanntlich der Jesuitenorden, von Verleumdungen und Verhetzungen umtobt, seinen Feinden geopfert. Klemens XIV. löste ihn auf. Einzig im fernen Rußland durfte die Gesellschaft Jesu mit Erlaubnis des Papstes weiterexistierten; und es ist bezeichnend, daß zwar der Orden, aber nicht seine Missionsliebe zusammengeschrumpft ist, denn der kleine Rest der Jesuiten plante, Missionare nach China zu schicken. Die markanteste Gestalt unter den Jesuiten in Rußland Und der Hauptträger ihres missionarischen Geistes war ein Österreicher, P. Gabriel Gruber (f 1805) aus Wien. Als Physiker am Wiener Kaiserhof und Professor für Mechanik und Hydraulik in Laibach hatte er bereits den Wunsch, in die Chinamission zu gehen. Doch kam die Aufhebung des Ordens dazwischen. So ging er nach Rußland, um dort in den noch bestehenden Orden einzutreten.

Und P. Gruber wurde dazu ausersehen, die Missionsexpedition der Jesuiten in Rußland nach China zu leiten. Dieser wendige, gewinnende, dabei tief fromme Tausendkünstler wäre gewiß geeignet gewesen, das Werk der Jesuitengelehrten Schall und Verbiest am Kaiserhof in Peking zu erneuern, aber widrige Umstände verhinderten das mehrmals versuchte Missionsunternehmen. 1802 würde P. Gruber zum General des Restordens gewählt, mußte also von nun an auf seinen persönlichen Missionswunsch verzichten, aber für den Orden gab er die Hoffnung auf China nicht auf.

Ab 1814 stand dem durch Pius VII. wiederhergestellten Orden die Welt wieder offen. Die erst 1832 neu entstandene österreichische Ordens- provinz schickte bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 74 Priester und 47 Brüder in die Mission, vor allem nach Nordamerika, Australien und Afrika (Sambesimission).

Als sich nach dem ersten Weltkrieg der Zugang zur Mission wieder öffnete, gingen 1924 zehn junge Österreicher nach Brasilien und traten dort in den Jesuitenorden ein. Sieben von ihnen wirken heute noch in Brasilien. Zwei davon greifen wir heraus, um die Vielseitigkeit und Weite der österreichischen Jesuitenmission zu zeigen: P. Johann Dornstauder aus Wels (OÖ.) widmet sich den wilden Indianern des Mato Grosso und ist neun Monate des Jahres mit seinem Motorboot unterwegs zu den mehr als 30 Indianerstämmen, um ihre Sprache zu erlernen, sie seßhaft zu machen und zu Christus zu führen. P. Franz Roser ist als Kernphysiker an der Katholischen Universität in Rio de Janeiro und leitet dort das Institut für Strahlenforschung. Er ist auch Mitglied der UNO-Kom- mission für die Untersuchung von Strahlungsschäden.

Schwerpunkt China

Schwerpunkt der Missionsarbeit der österreichischen Jesuiten war nach dem ersten Weltkrieg aber China. Sie betreuten ab 1926 dort ein Gebiet (von der Größe Kärntens), das 1939 zur Apostolischen Präfektur und 1947 zur Diözese Kinghsien erhoben wurde. P. B r e ll i n g e r aus Ebelsberg bei Linz wurde zum ersten Bischof von Kinghsien geweiht. Bis zu Beginn des Kommunistensturmes hat die österreichische Jesuitenprovinz 36 Patres und Kleriker sowie zwei Brüder nach China entsandt. Der kommunistische Taifun fegte aber die blühende Mission und ihre Werke in wenigen Jahren hinweg.

Heute sind die österreichischen Missionare der Gesellschaft Jesu über den ganzen südostasiatischen Raum verstreut, sie wirken vor allem auf den Philippinen, in Formosa, Indonesien, Vietnam und Thailand.

Meister in der „Akkommodation”

Wenn dieser Bericht mit dem Beispiel des Sprachstudios auf Formosa eingeleitet wurde, so geschah das mit einer bestimmten Absicht. Dieses Sprachförschüngslaboratorium; das -der Österreicher P. Weingartner nufbäut, macht nämlich die zwei Charakteristik sehen Methoden der österreichischen Jesuitenmissionare in Geschichte und Gegenwart deutlich sichtbar.

Die österreichischen Jesuitenmissionare- zeichnen sich erstens dadurch aus, daß sie stets die modernsten Mittel der Wissenschaft und Technik in den Dienst der Glaubensverbreitung stellten, und zweitens dadurch, daß sie Meister in der „Akkommodation”, in der Anpassung waren.

Die Akkommodation ist eine ur- christliche Methode. Leider blieb später in der Mission vielfach das wahre Gesicht der Kirche durch eine allzu westliche Fassade verdeckt.

Die Jesuitenmissionare zeichneten sich in der Regel aber durch ihren weiten Geist und ihre radikale Aufgeschlossenheit aus. Sie vergaßen nicht, daß -die Kirche für alle Kulturen offen ist. Sie waren nicht blind für die positiven Werte der Kultur, ja der Religion der Missionsvölker.

Unter den heutigen Bahnbrechern einer höchstmöglichen Anpassung finden wir wieder österreichische Jesuitenmissionare, voran P. Johann H o f i n g e r, der wohl der bedeutendste Fachmann für Katechese und Liturgie in den Missionsländern ist. Er fand sich nicht ab mit der herkömmlichen Methode der Glaubensverkündigung, die manchmal nur darin bestand, den chinesischen Kindern einen vor mehreren hundert Jahren für europäische Kinder abgefaßten Katechismus halbverstanden auswendig lernen zu lassen. So kam es zur Gründung des „Ostasiatischen Pasto- ralinstitutes”, dem er vorsteht und das die Fragen der Anpassung in Katechese und Liturgie in den Missionsländern, vor allem im ostasiatischen Raum studiert.

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