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IM STREIFLICHT

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Es S ist erst einige Wochen her, daß ein „Streif-’ -’ licht" die Zerstörung einiger Plastiken der Stadtparkausstellung durch spitzhackenbewaffnete „Kritiker" sowie das geringe Echo beklagen mußte, das dieses Vorgehen gefunden hatte. Inzwischen hat ein findiger Journalist zur Feder gegriffen und in einem Wiener Montagblatt den entsprechenden Kommentar zu den Demolierungen abgegeben. Nicht etwa die nächtliche Tätigkeit der Täter ist es, die ihn sich ereifern läßt, sondern der Umstand, daß fortan ein Wachebeamter am Wienflüßchen patrouillieren wird. Was sei das für ein Volksglück, fragt er, das bewacht werden müßte, und läßt durchblicken, daß es wohl das gesunde Volksempfinden gewesen sei, das sich hier mit der Spitzhacke geäußert habe. Es wird schwer sein, den Schreiber mit Vernunftsgründen vom richtigen Gebrauch einer Spitzhacke überzeugen zu können. Aber ob er die Tätigkeit unserer Polizei billigt oder nicht: Es ist an sich ohnehin die Regel, daß Parkanlagen bewacht werden und übrigens nicht nur diese. Oder spricht sich etwa in zertrampelten Grünflächen, weggeworfenen Papierfetzen und beschädigten Bänken auch das gesunde Volks- I empfinden aus?

CIN Kuriosum ging vor kurzem durch die österreichische Presse: Bei der Eröffnung der Kunstausstellung einer Salzburger Malerin in Berlin erklärte die dortige österreichische Vertretung, „daß für Kultur niemand zuständig" sei. Das ist leider kein Einzelfall. Auch in London, Washington oder Rio de Janeiro ist offiziell niemand für Kultur zuständig, wenn dies — wir hoffen es wenigstens — auch nirgends so offen und unverhohlen zugegeben werden wird. Denn Oesterreich besitzt derzeit nur je ein . Kulturinstitut in Paris und Rom und je einen Kulturattache in Bern und in Paris. In allen anderen Ländern ist die Agende „Kultur" entweder einem Verwaltungsjuristen als dritte oder vierte Funktion zugeteilt, oder sie wird überhaupt nicht •wahrgenommen. Wozu auch? Es wurde bisher ja auch noch nie behauptet, daß Oesterreich ein Kulturstaat sei…

W7ER in diesem Sommer auf den Gedanken kommen sollte, die Bundeshauptstadt Wien zu besuchen, wird nur ein einziges Theater im Spielplan finden: das Theater in der Josefstadt. Alle andern haben geschlossen, die Burg ist auf Reisen, und auch die kleinen. Bühnen, acht an der Zahl, gastieren wohl irgendwo. Ob es sich nicht trotzdem für wenigstens eine von ihnen gelohnt hätte, offen zu halten?

AN seine kritische Würdigung des Käutner- Films „Die letzte Brücke" knüpft der bekannte deutsche Filmkritiker und Verfasser mehrerer Filmbücher, Gunter Groll, in der „Süddeutschen Zeitung" folgende Betrachtung über die deutschen Nachkriegsfilme: „Unter den ernsthaften deutschen Nachkriegsfilmen, von den. vielzitierten Ausnahmen abgesehen, gab es drei Sorten. Die einen wußten nicht, was sie wollten, waren aber fest entschlossen dazu. Die anderen wußten zwar, was sie sollten und was eigentlich wünschenswert wäre, wollten es aber nicht. Sondern plätscherten lieber halb verlegen und halb verbissen herum. Die Dritten wußten, was sie wollten und sollten, versuchten es auch, konnten es aber nicht. ,Die letzte Brücke’ weiß, was sie will, tut, was Deutschlands Film sollte, und kann es auch. Und nur eins bleibt zu bedauern. Dieser deutsche Film wurde nicht von der deutschen Filmproduktion gemacht, sondern von der österreichischen. Es ist Oesterreich herzlich zu gönnen; wir aber hoffen, daß Deutschlands Filmproduktion daraus lernt, was sie lernen könnte — sofern sie weiß, was sie will, soll und kann.“

XTOR der großen Filmbiennale in Venedig ‘ findet immer eine „Kleine Biennale" statt: die des Dokumentar- und des Jugendfilms. In diesem Jahre konnte ein erfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete des Jugendfilms festgestellt werden, dagegen mußten dem Kulturfilm einmal richtig die Leviten gelesen werden. Zwar wurde als Entschuldigung die schlechte Lage des Kurzfilms in der derzeitigen Programmverleihpraxis angeführt, aber ein anderer Grund für den richtigen Tiefstand des Kulturfilms könnte unschwer behoben werden: das Klischee, die geistige Eintönigkeit und die technische Rückständigkeit des heutigen Kurzfilms. Wer Ohren hat, zu hören. .. Nebenbei: es waren auch zwei Oesterrcicher unter den durchgefallenen Prüflingen …

1VTAN sollte meinen, daß der Ausdruck „West- Berliner” neueren Datums ist. Aber: „Es ist ganz klar, daß vieles in diesem Film ungeniert angedeutet, ungeniert ausgesprochen, ungeniert gestaltet worden ist… dieser Film ist im Hinblick auf die Mentalität der West-Berliner gemacht." Dieser Satz findet sich in einer Kritik der deutschen „Filmwoche" aus dem Jahre 1927, und der unfreiwillig prophetische Kritiker schrieb ihn ausgerechnet in der Rezension eines Filmlustspiels „Eins und eins ist drei", das Bela Balasz, der große östliche Filmtheoretiker, geschrieben hatte.

Monotypie „Krähengespräch’’. Von den älteren Künstlern sind in der Ausstellung vertreten der auch als Lehrer erfolgreiche Josef Arnold mit der knapp umrissenen Kreidezeichnung eines „Wracks" und der nach schweren Flüchtlingsschicksalen in Wörgl schaffende Franz Schunbach mit der Tuschzeichnung einer trefflich erfaßten, wie so oft fruchtlosen „Diskussion" über neue Kunst. Peter Pälffy nennt seine abstrakte Formenspielmonotypie einfach „Komposition". Zwei Arbeiten von Max Spielmann bringen religiöse Themen, die überhaupt in der heurigen Ausstellung stärker vertreten sind. Das Blatt „Karfreitag" könnte ein Glasfensterentwurf sein. Auch der begabte, vielseitige Kurt R. Fischer stellt einen religiöses Stoff, die „Verspottung Christi" Tempera, aus. Erfreulich, daß auch jüngere und jüngste Tiroler Künstler zur Ausstellung gekommen sind, wie Luis Höfer ein Blatt aus seiner kürzlich im Schaufenster des Palais Taxis gezeigten Franziskusfolge, Heinz Klima Lithographie einer „Melancholischen Reise in Sizilien", Peter Prandstetter Rohrfederzeichnung „Sommertag", Richard Ragonig zügige Federzeichnung „Föhn“, Doris Strobl sichere Rohrfederzeichnung eines Mädchenkopfes und Norbert Drexel Kreideskizze einer Pflanze.

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