6684166-1962_08_04.jpg
Digital In Arbeit

JAKOB HEGNER / „CATHOLICA LEGUNTUR“

Werbung
Werbung
Werbung

Am 25. FebrHur feiert ein Mann seinen 80. Geburtstag, der in unserer an Siegesbulletins so reichen Zeit von sich sagen kann, daß er einer der wenigen wirklichen Sieger in dieser Zeit ist: Jakob Hegner, der große Verleger, kann von sich sagen, daß er den bisher unbestrittenen Grundsatz „Catholica non leguntur“ außer Kraft gesetzt hat. Ohne ihn wären vielleicht Paul Claudel und Georges Berna-nos, - Francis James und Ernest Hello, Theodor Hecker und Edzard Schaper, Bruce Marshall und Si-

gismund von Radecki, Hans Urs von Balthasar und Christopher Dawsen — und mit ihnen noch viele andere — nicht ein so feststehender Begriff innerhalb des geistigen deutschen Lebens, wie sie es heute sind. Denn Jakob Hegner hatte sie entdeckt, mit dem großen Spürsinn des echten Verlegers, ihre Werke in seine Obhut genommen und die Dichter und Schriftsteller dadurch erst der weiten deutschsprachigen Öffentlichkeit zu einem Begriff werden lassen. Kommende Literatur- und Geistesgeschichte werden deshalb an dem Namen dieses Mannes nicht vorbeigehen können. Mit seinem Werk hat er aber auch der Welt bewiesen, daß es in unserer Zeit eine große katholische Dichtung und ein großes katholisches Denken gibt.

Jakob Hegner wußte und weiß aber auch, daß es nicht genügt, den deutschsprachigen Leser mit dem Inhalt bedeutender Werke bekanntzumachen, er weiß, daß man diesen Inhalt auch in gefälliger Form bieten muß. Denn der deutschsprachige Leser will sich — zum Unterschied vom romanischen — auch am Besitz der Bücher erfreuen. Aus diesem Gedanken heraus erschuf Jakob Hegner eine besonders schöne äußere Form der Werke, die er verlegte. Die verwendete Schrifttype seiner Werke (er hatte sie teils selbst „geschnit-

ten“), der Satzspiegel, die Form des Einbandes und der Schutzumschläge wurden seither von vielen Verlegern nachgeahmt, aber selten erreicht. Die einmalige Kombination von äußerer Form und innerem geistigen Gehalt brachten es zuwege, daß dem Verleger Jakob Hegner ein beispielloser Erfolg beschieden wurde, eben der Erfolg, daß das Sprichwort „Catholica non leguntur“ seine Gültigkeit verlor. Seine Bücher drangen weit in das liberale und neutrale Sortiment vor. Sein Erfolg war auch deshalb so einmalig, weil ihm diese Leistung vielleicht als einzigem aller lebenden katholischen Verleger gelang.

Die wenigsten Zeitgenossen wissen, daß dieser große und siegreiche Spieler — und jeder Verleger ist irgendwo ein Spieler — ein Wiener ist. 1882 wurde er in Wien als Sohn eines Fabrikanten geboren. Mit Zweig besuchte er zusammen das Wasa-Gymnasium. Mit Zweig — und Musil, Rilke, Ginskey, Blei — traf er wieder zusammen, als er im ersten Weltkrieg Dienst im k. u. k. Dienstpressequartier tat. Nach Ende des Krieges verließ er Österreich, um nur noch einmal dahin zurückzukehren: 1936, als seinem Wirken in Deutschland ein Ende bereitet wurde. Damals gründete er in Wien den Thomas-Verlag, der unter anderem Schuschniggs „Dreimal

Österreich“ herausbrachte. Ansonsten verbrachte dieser Österreicher fast sein ganzes Leben außerhalb seiner Heimat. Nach seiner Gymnasialzeit ging er nach Leipzig auf die Universität. Hier, in dieser Buchhandelsstadt, kam er bald auf den Gedanken, Verleger zu werden. 1913 schon verwirklichte er ihn in der kleinen Stadt Hellerau bei Dresden. Damals wurde die Öffentlichkeit zum erstenmal durch seine Übersetzung von Claudels „Verkündigung“ auf ihn aufmerksam. Nach dem ersten Weltkrieg begann der eigentliche Aufstieg seines Unternehmens, das ab 1930 in Leipzig seinen Sitz hatte. 1936 kam er für zwei Jahre nach Wien, 1938 emigrierte er nach London. 1945 begann er, den Verlag neu in der Schweiz aufzubauen, um ihn einige Jahre später nach Köln zu verlegen.

Jeder Österreicher muß das Jubiläum dieses Mannes mit Stolz, aber, auch mit Trauer betrachten. Mit Trauer: weil sich sein Wirken fast immer fern seiner alten Heimat abspielte. Mit Stolz: ist doch Jakob Hegner einer der wenigen Österreicher, der, zum Unterschied von so vielen anderen, es vorzog, nicht an die sichere Niederlage, sondern an den ungewissen Sieg zu glauben, und der deshalb trotz aller Behinderungen immer wieder den Sieg errang.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung