6595366-1953_03_03.jpg
Digital In Arbeit

STIMMEN

Werbung
Werbung
Werbung

Die Neue Zeitung Frankfurt, Nr. 3031304:

„Drei große Wellen der Auswanderung haben seit dem Zerfall der Donaumonarchie Oest.erreicher in die Fremde geführt: im ersten Jahrzehnt nach der Errichtung der Republik trieb die schwierige Wirtschaftslage manchen nach dem Ausland; im fahre 1938 löste der „Anschluß“ die erzwungene Emigration aus; und nach dem zweiten Weltkrieg hofften erneut viele Oesterreicher, sich eine neue, bessere Existenz in der Feme, vor allem in lieber-see, aufbauen zu können. Die österreichische Regierung hat die Knüpfung verstärkter Fäden zu den Auslandsösterreichern bis vor kurzem als eine Aufgabe vorwiegend privater Körperschaften angesehen, Erst die Amerikareise des Bundeskanzlers im letzten Sommer scheint hier eine grundlegende Aenderung gebracht zu haben. Dr. Fi gl war in den Vereinigten Staaten mit einigen österreichischen Gruppen zusammengetroffen und hatte ihre Anhänglichkeit an die alte Heimat, aber auch die von ihnen geleistete und noch zu leistende Unterstützung österreichischer Belange näher kennengelernt. Bald darauf bot sich Außenminister Gruber bei seinen Staatsbesuchen in Südamerika eine .ähnliche Gelegenheit. Die unmittelbare Frucht dieser Erfahrungen war die Gründung eines „Weltbundes der Auslandsösterreicher“ als Dachverband der österreichischen Vereine im Ausland, die auf Anregung der Organisationen in der Schweiz im September in Vorarlberg erfolgte. Einige Zeit vorher wurde im Außenamt ein eigenes Referat für die Behandlung dieser Fragen neu geschaffen. Viel weiter ist man freilich bisher nicht gekommen. So gibt es vorläufig nicht einmal einigermaßen sichere Unterlagen über die Zahl der im Ausland lebenden Oesterreicher; man ist, da eine Meldepflicht für Oesterreicher im Ausland nicht besteht, ganz auf sehr grobe Schätzungen angewiesen. Im Außenamt rechnet man mit etwa 140.000 bis 180.000 Oesterreichern im Ausland, die noch ihre alte Staatsbürgerschaft besitzen. Andere Stellen geben etwas höhere Schätzungen an. Sehr rührig sind — um einige Fälle herauszugreifen — die fünf österreichischen Organisationen in Argentinien. In Brasilien befindet sich die zwischen den beiden Wellkriegen von Tiroler Auswanderern gegründete Siedlung Dreizehnlinden, außerdem gibt es in diesem Land sowie in Paraguay einige vorwiegend von Oesterreichern bewohnte Dörfer, Eine Unzahl österreichischer Vereine besteht in den Vereinigten Staaten. Auch in Südafrika, in Australien und in Persien bestehen vereinzelt österreichische Klubs. Manche Auslandsösterreicher haben besonders einflußreiche Stellungen erlangt: der Chef des Philharmonischen Orchesters in Tokio ist Wiener, der Negus von Abessinien hat einen österreichischen Leibarzt, und erst in diesem fahr kehrte der Grazer Heinrich Harrer aus Tibet zurück, wo er Vertrauter des Dalai Lama gewesen war. In London wirkt der österreichische Dirigent fosef Krips, in Ankara der Architekt Clemens Holzmeister und in Indonesien ist ein Oesterreicher als Finanzberater der Regierung tätig.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung