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VON NEUEN BÜCHERN

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Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918—1945 (Serie D/1937—1945, Band IV. Die Nachwirkungen von München. Oktober 1938 bis März 1939). Imprimerie Nationale, Baden-

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Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918—1945 (Serie D/1937—1945, Band IV. Die Nachwirkungen von München. Oktober 1938 bis März 1939). Imprimerie Nationale, Baden-

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Baden. 1952

Nunmehr erscheint bereits der vierte Band der von den Alliierten publizierten deutschen Beuteakten des Auswärtigen Amtes. Er umfaßt die Beziehungen zwischen Deutschland und den Großmächten unmittelbar nach der Unterzeichnnug des Münchener Abkommens bis zur schicksalhaften Besetzung Prags durch Hitler im Mäi;z 1939. In diesem Zeit- rautn blickte die Welt auf die Außenpolitik des Dritten Reiches mit Besorgnis und Hoffnung: es galt, den Beweis Zu erbringen, ob die Münchener Beschlüsse ein endgültiger Abschluß oder der Beginn neuerlicher Aktionen Waren. Die Dokumente, welche hauptsächlich die Entwicklung der tschechoslowakischen Frage betreffen, zeigen, daß die Reichsregierung zunächst die Schaffung eines internationalen Ausschusses zur Durchführung des Münchener Abkommens ignorierte. Daraus erggb sich sofort das Problem der Befriedigung sowohl der ungarischen als auch der polnischen Ansprüche gegenüber der Tschechoslowakei. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß, wie aus einer Aufzeichnung Weizsäckers vom 6. Oktober 1938 hervorgeht, die ungarischen Politiker die Abtrennung des Burgenlandes an Österreich als besonderes Unrecht gegenüber Ungarn betrachteten und durth Preßbürg und vor allem den Brückenkopf von Ehgeräü entschädigt werden wollten. Frühzeitig taucht in den Akten das Motiv einer selbständigen Slowakei und Kafpatho- Ukraine auf. Hier kämpfen die verschiedenen Richtungen der deutschen Außenpolitik um die endgültige Entscheidung: während einerseits offiziell gegenüber dem tschechischen Außenminister Chvalkovsky in der Unterredung mit Hitler am 14. Oktober 1938 die Einheit der Rest-Tschechoslowakei betont wird, werden über verschiedene Mittelsmänner und Stellen, die hauptsächlich dem Parteisektor angehörten, Vorbereitungen zu einer autonomen Lösung des slowakischen Problems getroffen. Dies um so mehr, als Ungarn seine Ansprüche auf die slowakischen Gebiete daü- ernß anmeldete, jedoch dabei immer wieder auf die Weigerung Hitlers stößt, der gegenüber Hotthy und seiner Regierung von tiefstem Mißtrauen erfüllt war.

Die Zwangssituation, in der Präsident Hacjha am 15. März 1939 die Kapitulation gegenüber dem deutschen Einmarsch unter schrieb, wird durch eine Reihe interessanter Dokumente geklärt und vor allem darauf hingewiesen, daß die Reichsregierung sich in letzter Minute für die slowakische Unabhängigkeilebewegung eineetzte und damit die Aspirationen Budapests, aber auch Warschaus auf eine gemeinsame Grenze zerstörte. Die Wirkungen des Einmarsches in Prag waren in London und Washington mit steigendem Mißtrauen betrachtet worden. Interessant ist, daß jedoch Hitlers Aktionen, besonders die deutsch-französische Annäherung im November 1939, in Rom eine gewisse Verstimmung hervorrief und vor allem die Wirtschaftsverhandlungen mit dem Achsenpartner, die teilweise um sehr konkrete wehrwirtschaftliche Probleme gingen, gestört wurden. Auf dem Altar der deutsch-italienischen Freundschaft wurde im Jänner 1939 das berüchtigte Umsiedlungsabkommen über Südtirol geopfert, dessen Entstehung somit erstmalig akten- kundlich vorliegt, Die Beziehungen zu den übrigen Staaten, vor allem zu der Sowjetunion und Amerika, finden in einer Reihe interessanter Dokumente eine eingehende Würdigung. Aus der Gruppe der Berichte der deutschen Botschaft in Moskau geht hervor, daß seit November 1938 bereits die ersten Fühlungnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet zwischen Moskau und Berlin erfolgten und ßomit die Neuorientierung de6 August 1939 vorbereiteten. Im Kapitel der Beziehungen Deutschlands zum Vatikan nimmt Österreich einen breiten Raum ein, inskesonders die unablässigen Interventionen des päpstlichen Nuntius gegen die Aufhebung des „Canisia- nums" in Innsbruck und das Vorgehen Bürckels gegenüber dem Stift Klosterneuburg. Die Akten des deutschen Botschafters beim Heiligen Stuhl anläßlich der Thronbesteigung des Heiligen Vaters Papst Pius XII. zeigen die tiefe Besorgnis des Vatikans über die künftige politische Entwicklung.

Der vorliegende Aktenband ist ebenso wie die bisherigen Publikationen drucktechnisch und im Aufbau der einzelnen Gruppen hervorragend und zeigt die Objektivität der Herausgeber. Die historische Forschung kann mit besonderer Erwartung den angekündigten Weiteren Bänden entgegensehen.

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