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Bilder aus Berlin

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Die Sammlung B (Kurt Brandes), die, aus Berlin stammend, derzeit im oberen Stock des Kiinstlerhausės zu sehen ist, bedeutet als Dokument leidenschaftlichen Sammler- und Mäzenatentums ein bedeutendes Ereignis. Nicht nur, daß sie als Tat hierzulande als Vorbild angesprochen werden muß, auch der Querschnitt, den sie aus dem Werk von acht deutschen Malern und vier deutschen Bildhauern vermittelt, wirkt repräsentativ und aufschlußreich. In einem der suggestivsten Bilder der Ausstellung, in Ernst Schumachers „Waisenhausgelingt es dem Maler, durch die Spannungen der flächigen Farbe die Trostlosigkeit des Gebäudes und der Institution zu vermitteln. Dach, Himmel und Fensteröffnungen in der linken oberen Bildhälfte leben und werden in ihrer Farbigkeit zu Trägern einer seelischen Empfindung, subjektiver Interpretation. Die objektiven Gegebenheiten aber, die Räumlichkeit des Hauskomplexes, des Rasenplatzes und der Bäume werden vom Maler negiert, kulissenartig gefaßt und behandelt und damit das eigentliche bildnerische Problem, das sich jedesmal ergibt, wo die Auseinandersetzung mit der Formenwelt der Natur zum Gegenstand wird, verleugnet. Ähnliches geschieht in einem der noch besten Bilder von Hans Purrmann, dem „Lützowufer, Berlin", wo wohl der linke Häuserblock mit seiner Spiegelung im Wasser annähernd plastisch realisiert wird, die ganze rechte Hälfte des Bildes aber und der Vordergrund in flächige und räumliche Unbestimmtheit ausweicht. Dabei bestechen Schumacher durch seine Ehrlichkeit, sein Empfinden für Atmosphäre und suggestiv abgestimmte Farbigkeit, der frühe Purrmann durch seine reiche, flüssige Farbe. Aber wie sie den eigentlichen Formproblemen auswichen, so geschah es in noch viel verstärkterem Maß in den Bildern der anderen Maler. Alexander Camaro erweist sich als modischer Dekorateur ohne Bildbau, Max Kaus als verdünnter Expressionist, dessen spätere, Braque nachempfundene Dekorationen einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen, Werner Gilles als liebloser Dekorateur, dem die Mythologie zum Aufputz seiner kunstlos groben Kompositionen dient, Hans Kuhn als sehr flüchtiger und fragwürdiger Zeichner, Werner Heidt in seinen frühen Bildern als Maler des Zilleschen „Milljöhs“ mit einem Schuß Ubutto, in seinen Abstraktionen als formschwäch unkomponiert und trocken, Karl Hofer als heimlicher Nazarener, dessen beste Leistungen ein „Korb mit Birnen“ und eine „Tessiner Landschaft“ darstellen. Die Plastik ist am besten durch die Porträtköpfe von Hartung und Heiliger sowie Kleinplasti- kėn von Lörcher und Mareks vertreten, wenn auch hier, selbst oder gerade in der „Abstraktion“ wenig Formstärke und -schärfe zu finden ist. Der Sammler B. hat unter dem ihm Greifbaren sicher das Beste ausgewählt. Daß nichts Besseres in Berlin innerhalb des von ihm gesteckten Rahmens greifbar war, schmälert nicht sein ungewöhnliches Verdienst.

Einige Ölbilder von Josef Häupl in der Staatsdruckerei halten den besseren Bildern im Künstlerhaus durchaus die Waage, ja, in ihrem dekorativen Expressionismus, der leicht von der Ecole de Paris befruchtet scheint, in ihrer etwas zähen und schweren Farbigkeit, lebt mehr an rudimentärer Raumempfindung als in vielen dort. Sie müßte er steigern und bewußter klären, vor allem in den Landschaften, die den Stilleben nicht gleichwertig sind, um eindringlicher zu wirken, als er es manchmal schon tut. Die Graphik — Lithos und Holzschnitte — ist gekonnt, aber konventionell expressiv. Die Arbeiten des mit ihm ausstellenden Engelbert Häupl leiden noch an zu geringem Formempfinden und geringer zeichnerischer Durchbildung. An die im Nebenraum stattfindende Ausstellung können keinerlei kritische Maßstäbe angelegt werden.

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