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Hinterglasbilder und Graphiken

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Eine sehr reizvolle Ausstellung von süddeutschen und österreichischen Hinterglasbildern des 18. und 19. Jahrhunderts aus der Sammlung R. und E. Gürster ist in die obere Etage der Galerie Würthle eingezogen und dort bis zum 22. März zu sehen. Die starke Wirkung, die diese Gebrauchsgegenstände bäuerlicher Frömmigkeit nach der Jahrhundertwende auf die Maler des „Blauen Reiter“ und des deutschen Expressionismus hatten, ist bekannt. Weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, daß es sich bei ihnen um Serienerzeugnisse einer Heimindustrie handelt, deren Hauptorte — Sandl in Ober-

österreich, der Böhmerwald und der Bayrische Wald — an der alten Glasstraße von Venedig in den Norden lagen, und daß sie nach Musterbildern, vergröberten gotischen Holzschnitten — noch mit Formelementen romanischer Malerei durchsetzt —, und mit Schablonen gearbeitet wurden. Es gab durchaus lokale „Stile“, die sich in der Farbigkeit auswirkten. Dem leuchtenden Blau Bayerns und dem Rot-Orange Sandls, der elementaren dekorativen Farbigkeit und dem naiven Reiz unbeholfener Zeichnung verdanken die Hinterglasbilder einen Gutteil ihrer Wirkung. Während die Maler des Expressionismus der Täuschung erlagen, in ihnen echten Erzeugnissen „primitiver Kunst“ gegenüberzutreten, schät-

zen wir sie heute als wahre Zeugnisse einer selbst in der seriellen Produktion spürbaren Volksfrömmigkeit. Das hübsche Plakat und der nette Katalog der Ausstellung stammen von Kurt Schwarz.

In der Galerie im Griechen-b e i s 1 stellt der in Berlin lebende Chinese Yu-Kun Yang aus. In den Ölbildern werden strukturelle „Zeichen“ von einer zwischen Gelb und Grau stehenden fleckigen Tonigkeit überwuchert. Die Aquarelle, in ihren Bazaine-Bildern ähnlichen Strukturen, wirken reifer und geschlossener.

Vom „Zeichen“ her, das aber nicht mehr „für“ etwas steht, sondern nur noch „von“ etwas — der subjektiven Erregung — kündet, kommt auch Prachenky, der in der Galerie St. Stephan seine Arbeiten zeigt. Hier ist reiner GTaphismus am Werk, und das was danebengeht, die „Einfälle des Zufalls“, macht den eigentlichen Reiz dieser „sinn-losen“ Bilderschrift aus. Daß auch diese auf den primitivsten Effekt reduzierte Dekoration ihre Wirkungen haben kann, zeigen die Photos der Glasfenster für die Kirche an Ruhstorf bei Passau, die der Dombaumeister von Würzburg, Hans Schädl, baute.

Recht interessant ist die Ausstellung „Graphische Techniken“ von Kurt Werner in den Räumen der Staatsdruckerei, die einige bemerkenswerte technische Spielereien, wie die Schnee-, Eis- und Seifengraphik zeigt, die jenen Kritikern Schwierigkeiten bereiten dürften, die angesichts des ..Informel“ von dem „sich selbst darstellenden Malvorgang“ und der „Selbstdarstellung der Materie“ schwärmen. Kurt Werner verwendet diese und ähnliche Scherze nicht als sinnentleerten Selbstzweck, sondern als Effekte in sauber gezeichneten Graphiken, die meist den Krieg und die Zerstörung als Ge!enstand haben. Auch das schiint kein Zufall su sein.

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