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Der letzte „Nazarener“ in Österreich

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Nicht nur in den Kreisen der Steiermark wird pietätvoll das Andenken an einen Künstler und Kunstpädagogen, der viele Spuren hinterlassen hat, das Andenken an Ludwig Kurz von Goldenstein bewahrt, der vor zehn Jahren, am 11. März, in Graz im Alter von 89 Jahren gestorben ist, nachdem er erst kurz zuvor die Palette aus der Hand gelegt hatte. Er war der Sohn des Malers Franz S. v. Kurz, der, einer alten Salzburger Familie entstammend, im vorigen Jahrhundert zahlreiche Kirchen Krains mit seinem Pinsel geschmückt hatte. Früh wurde die Begabung des jungen Ludwig von Kurz geweckt, der 1867 an die damalige Grazer „Zeichnungsakademie“ und als Schüler Josef Turniers in den Kreis der damaligen Nazarenerrichtung kam. Als Zeichenlehrer an dem Grazer I. Staatsgymnasium seine Laufbahn beginnend und in den vielen Jahren, in denen er Lehrer war, eine kunstfreudige Jugend um sich versammelnd, war er auch als ausübender Künstler tätig, namentlich seit er sich 1906 hatte vom Schuldienst freimachen können.

Ein gewandter Zeichner, der im Ornament den Schwung barocker Formen besonders liebte, zeigte er sich in einer Reihe von Arbeiten als geistvoller Illustrator, so in den trefflichen Federzeichnungen zu Onno Klopps „Das Jahr 1683“, zu Doktor J. Zahns „F r i a u 1 i 9 c h e Burgen“ in Kreide und mit Darstellungen im Bande Steiermark der „Österreichischen Monarchie in Wort und Bild“. Überaus reich ist sein religiöses Kunstschaffen, das in zahlreichen Kirchen der Steiermark dauernden Platz erobert; als das durchgereifteste Werk dieser Art gilt das Hochaltarbild von Sankt Peter am Ottersbach, „Der reuige Petrus“, das Meister Kurz — noch 1931, schon ein 81 jähriger, vollendete. Von ihm stammt die fachkundige Freilegung und Sicherung dreier heikler Fresken in St. Radegund bei Graz. Gegen 160 Kirchen und Kapellen sind nachweisbar, bei deren Renovierung er ebenso selbstlos als fachmännischer Berater wirkte wie bei seinen vielen Entwürfen für Altäre, Kanzeln, sakrale Metallarbeiten und Glasgemälden. Ein grundgütiger Mensch, dem viele einstige Schüler und Begleiter seines Schaffens ein dankbares Andenken bewahren, war er darauf aus, Mitmenschen Freude zu bringen, sein Können stellte er in den Dienst der Gemeinschaft.

Kunsthistorisch betrachtet war Meister Kurz, besonders in seiner letzten Lebenszeit, ein Einsamer geworden, der das Erbgut nazarenischer Kunstrichtung unentwegt festhielt, der Epigone eines Führich, der letzte deutsche Nazarener, seine Kunst aus- klingendes Nazarenertum. Mag die Zeit auch über diese Kunstrichtung hinweggeschritten sein, so bleibt ihr doch der Ruhm gewiß, in einer Periode religionsfremder Gesinnung und gehässiger Vorurteile das künstlerische Hochziel in einer religiösen Vorstellungswelt gesucht und aus echter christlicher Gesinnung heraus dem Schönheitsempfinden eines christlichen Volkes entsprochen zu haben. Man wird dieser Kunst gerecht werden mit der Feststellung, daß sie immer noch im Volke Verständnis erweckt, während so viel neues Kunstschaffen den Anschluß an das Volk noch nicht gefunden hat.

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