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Die Ausstellungssaison geht zu Ende

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Die unermüdliche Galerie W ü r t h I e in der Weihburggasse zeigt jetzt eine kleine, aber erlesene Ausstellung von Graphiken Odilon Redöns (1840—1916) und verleiht damit der reichen und im ganzen sehr erfreulichen Wiener Frühjahrs- und Sommerausstellungssaison einen würdigen Abschluß. In Parenthese muß man freilich darauf hinweisen, daß diese aus dem Besitze Wolfgang Gurlitts stammenden Redon-Blätter bereits vor einiger Zeit und zum ersten Male in Linz gezeigt worden sind. Was denn wieder ein Beweis dafür ist, daß Wiens Monopolstellung als Ausstellungsstadt längst schon der Sage angehört: die Salzburger und Linzer Galerien sind zu ernsthaften Konkurrenten der Wiener Ausstellungshäuser geworden.

Odilon Redon nimmt in der Geschichte der bildenden Kunst ungefähr jene Steilung ein, wie sie Huysmans in der Literatur zukommt. Ein Spätgeborener, dessen Genußfähigkeit aufs Höchste gesteigert war, von Träumen heimgesucht, an der Realität zweifelnd und sie um so schärfer ins Auge fassend und zur Kunst gleichsam verdammt: das war der Künstler. Ein Auswählen aus den Stilelementen des Vergangenen, da alchimistische Zusammenbrauen der gefundenen Elemente zu bizarien vieldeutigen Gebilden: das war seine Kunst. Es ist behauptet worden, daß Odilon Redon ein Neuerer gewesen eil andere meinen, es wäre ein Vollender des Alten gewesen. Beides stimmt nicht. Er hat nur das Hinschwinden, die schillernde Verwesung des Alten beschleunigt: daß dann aus ihr mancherlei unheimliche, faszinierende Blüten hervorwuchsen, Vorformen des Neuen, auf zauberische Weise gezeugt, nein: erzeugt — das steht freilich auf einem anderen Blatt, Neben seinen Zeichnungen verblaßt fast alles, was der Surrealismus später mit komplizierteren Methoden, mit größeren technischen Mitteln geschaffen hat. — Diese einzigartige Ausstellung wird durch eine prächtige Kollektion von Ölbildern österreichischer Meister — Schiele, Faistauer, Kokoschka und Bo eck1 — sehr wirkungsvoll ergänzt.

In der Akademie für angewandte Kunst (Eingang Weißkirchnerstraße) ist die SemesterschlußauGstellung von Schülerarbeiten zu 6ehen, deren Besuch alljährlich zu den Pflichten gehört, die der Kritiker mit Vergnügen auf sich nimmt. In dieser Schule herrscht Leben, Heiterkeit, Frische. Alle guten Geister des Wienerischen — Anmut und Geschmack — sind hier versammelt, ihre bösen Schwestern — Trägheit des Geistes, Neigung zur Konvention und die Angst vor der Gegenwart — find auegesperrt. Es mag sein, daß die Arbeiten der Architekturklaasen immer kühler und unverbindlicher werden, aber wenn man von ihnen abeieht, muß man in aller Offenheit zugeben, daß die Schule am Stubenring daa ehrwürdigere Institut am Schillerplatz langsam, aber sicher zu überflügeln beginnt.

Hinzuweisen ist — wir werden das in Zukunft öiter tun, denn der Anlaß lohnt’s — noch auf das Schaufenster, das das amerikanische Information Center in der Kärntneretraße der modernen Kunst zur Verfügung gestellt hat. Derzeit ist dort eine Miniaturausstellung der Teppichwebekunst des Ateliers Schid1o - R i e de 1 zu sehen. (Wir haben über diese Teppiche kürzlich im Zusammenhang mit einer Art-Club-Expo6ltion gesprochen ) Man werfe im Vorübergehen einen Bück in die Auslage und wird einen kleinen, aber gewichtigen Eindruck von einem prächtigen Gobelin, ausgezeichneten Ph|tos und ernster Kunst erhalten.

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