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Folklore und Kunst
Das Oesterreichische Museum für Volkskunde in der Laudongasse hat eine Ausstellung „N o r d-amerikanische Volkskunst“ sehr sorgfältig zusammengestellt. Die alte Volkskultur der Vereinigten Staaten war bis vor kurzem uner-schlossenes Gebiet — erst in den letzten Jahrzehnten begannen dort einzelne Gesellschaften für Volkskunde ihre Tätigkeit. Ueber die bisherigen Ergebnisse gibt es ein 1950 erschienenes Standardwerk „Index of American Design“ Rechenschaft; es enthielt die Farbtafeln, deren Originale nun den Grundstock zur Ausstellung gaben. Sie lassen einzelne Einwanderergruppen von den Pennsylvania-Deutschen im Norden bis zu den Spaniern in New Mexico unterscheiden und ermöglichen Vergleiche mit den Vorbildern in ihrer alten Heimat. Neben dem „Kopf einer Seeschlange“ (aus Essex) findet man ein Tiroler Fischzunftzeichen aus vergoldetem Blech, ähnlich in Charakter und Gestalt. So zeigen kunstgewerbliche Gegenstände, aus gleichem Geist und zu gleichem Zweck entwickelt, augenfällige Parallelen. Aufschlußreiche Karten erleichtern die Uebersicht; eine zeigt den Weg, den die schottische Ballade von Edward, der seiner Mutter den Vatermord bekennen muß, nahm — eine weite Wanderung, die sich über den ganzen neuen Kontinent verfolgen läßt. Als Cecil Sharp vor Jahrzehnten seine Sammlung altenglischer Balladen zusammentrug, ging er in die südlichen Appalachen und fand dort viele Liedertexte in ihrer ursprünglichen Gestalt, die in ihrer alten Heimat längst vergessen waren.
Einzelne Stücke berichten von der zweiten Komponente, die die nordamerikanische Volkskunst, nachhaltig beinflußte: die Begegnung mit den Eingeborenen. Längst hat sich unser Bild von ihnen gewandelt, und wir sehen sie nicht mehr als blutdürstige „Wilde“. Eine Wetterfahne aus bemaltem Blech zeigt einen Indianer als Pfeilschützen. Die religiöse, katholische Volkskunst im Süden der Vereinigten Staaten, die sich nnter spanischem Einfluß entwickelte, hatte nachhaltigen Einfluß auf die Indianer, die wir europäische Tradition fortsetzen sehen: unter der Anleitung der Missionare malen sie die Kreuzwegstationen Christi, fertigen sie Bilder der Heiligenverehrung. Man vermißt hier Vergleichsstücke, die die Ueber-nahme von Elementen indianischer Folklore durch die Siedler hätten ausführlicher illustrieren können. *
Nach einer Ausstellung moderner Kunst veranstaltet nun der Kunstverein in Baden
eine Ausstellung seiner mehr traditionellen Mitglieder. Daß diese aber keineswegs im Gegensatz zur Moderne stehen, beweist die Tatsache, daß nicht weniger als sieben Namen, sowohl in der ersten wie auch nun in dieser Ausstellung zu finden sind. Es sind dies u. a. die Architekten Wichtl und Fischer, Gusti Jaruschka und der durch seine Porzellanmalerei gefallende Alfred Weber. Neben Plakatentwürfen und Kunstgewerblichem hängen saubere Photographien (Hermann Brühlmeyer sei hier vor allen genannt). Unter den Gemälden fallen schöne Landschaften von Karl Schellnast auf und einige leicht impressionistische Bilder von Karl Schiestl (eindrucksstark „Milano bei Nacht“). Besonders hervorgehoben seien die graphischen Blätter von Max Melcher, die teilweise schon in der „modernen“ Ausstellung zu sehen waren und einen echten Kreuzwegzyklus erleben lassen. Franz Bilkos Zeichnungen verbinden die Fülle der Richter-Welt mit skurillen Elementen. „Die Wunderblume“, mitten ins Biedermeier hineingestellt, mutet wie Gulliver unter den Liliputanern an — eine minuziös gearbeitete Vision, die, wäre sie nicht so lieblich, im ersten Augenblick an Hieronymus Bosch erinnerte. — Eine begrüßenswerte Ausstellung, die sich im allgemeinen auf ziemlich gleichmäßigem Niveau hält.
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