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Musikalischer Nachtrag
Im vorausgeworfenen Schatten der Internationalen Musikwochen verlor sich die heimische Konzertsaison nahezu unbemerkt, obgleich insbesondere die Kammermusik Gipfelleistungen aufzuweisen hatte, deren einige als Erfüllung des Jahres gelten können und — ihnen ebenbürtig — auch nach den glanzvollen Festtagen ihre fortwirkende Bedeutung behalten. Dies gilt in erster Linie von Elisabeth Höngen, die in ihrem Liederabend, auf bestakkreditierte Starnummern verzichtend, durch vier Zyklen von Richard Wagner (Wesendonck-Lieder), Gustav Mahler (Kdndertotenlieder), Arnold Schönberg (Gesänge aus1 dem Buch der Hängenden Gärten) und Joseph Hauer (Hölderlin-Lieder) vier Monumental Stile der Entwicklung des neueren Liedgesanges und zugleich viermal das Erlebnis schöpferischer Persönlichkeit nachgestaltete. Ihre gereifte Kunst, durch eine leichte stimmliche Indisposition kaum behindert, schuf einen der wertvollsten, vielleicht den wertvollsten Liederabend des Jahres. — Dies gilt ebenso vom Klavierabend Friedrich Wührers, der ebenfalls einen großen Gestalter am Werk zeigte, dessen pianistisdie Kunst eine stilistische Rundung persönlichsten Gepräges erfuhr, die in Brahms’ Handel-Variationen ebenso wärmte als in Chopins Etüden und in Werken von Pro- kofieff und Franz Schmidt kaum geringer wirksam war als in Schuberts großer c-moll-Sonate; jenes Fluidum, das nur Meister erspielen, denen die Einheit in der Vielgestaltigkeit nicht verlorengeht.
Bedeutung gewannen außerdem einige Leistungen junger Künstler, voran der 5. Orgelvortragsabend der Klasse Karl Walter, dessen vielfältiges Programm, durch die verbindenden Worte Walters zu höherer Einheit gerundet, von Ilse Gerenyi, Irene Koch, Lucie Weyers, Friedrich Gmeiner und Gerhard Zukriegel auf erstaunlicher Leistungshöhe durchgeführt wurde, ferner zwei Veranstaltungen, deren eine neuer französischer Klaviermusik galt,von Mme. Stevens interpretiert und, wenn auch nicht voll befriedigte, so doch durch eigenartig neue Töne aufhorchen machte, während die andere, ein Schüler- Komposätionsabend der Klassen Lechthaler, Marx und Uhl, durch die summierte Herausstellung schaffender und nach- schaffender junger Begabungen überraschte.
Nicht auf gleicher Höhe hingegen hielt sich das Orchesterkonzert unter der Leitung Milo von Wawaks, dessen gutgemeinte Wiedergabe der nachgelassenen d-moll-Symphonie Bruckners schattenhaft und unzulänglich blieb — nicht umsonst hat Bruckner dieses Werk in die Reihe seiner Symphonien nicht aufgenommen —, während Emil Siegert zwei lange Konzertarien Mozarts ohne Ausdruck und schon gar ohne mozar- tische Kantilene sang und nur Alois Forer in Meßners symphonischer Festmusik für Bläser und Orgel eine vollkommene Leistung bot. Manches mag den übermüdeten Kräften gutgeschrieben werden; indes sind Übermüdung und Unzulänglichkeit nicht dasselbe. Auch die folgenden Musikwochen überbeanspruchten die Kräfte, ohne ihre Leistung an sich zu beeinträchtigen.
Dagegen brachte der Akademie-Kirchenchor unter Hans Gillesberger die Uraufführung der Messe für gemischten Chor a capella des jungen Hermann Kronšteine r, eines großlini- gen ernsten, auch musikalisch vom liturgischen Gedanken genährten Werkes, als schwungvolle, wenn auch nicht ganz ausgeglichene Leistung. Der breit hinströmenden Musik des folgenden Te Deums von Max Spinger war der Chor leider nicht ganz gewachsen.
Welda reiches musikalisches Leben neben den Fetwochen! Wien — bleibt Wien.
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