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„Unser Wien“

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Die Gemeinde Wien hat eine sehr lustige Ausstellung eröffnet: Sie heißt „Unser Wien" und ist vor und im Neuen Rathaus untergebracht. Der beste Teil von ihr ist für die Kinder, für die vor dem Rathaus ein kleiner Spielpark mit Rutsch- und Straßenbahn eingerichtet wurde. Für die Kinder ist das Beste bekanntlich gerade gut genug. Die Erwachsenen müssen mit weniger vorliebnehmen. Während die Kinder draußen ihren Ringwagen ununterbrochen abläuten, sehen wir uns die Ausstellung im Innern des Rathauses an: Naturgemäß nimmt der Wohnungsneubau hier einen besonders breiten Raum ein, ist er doch ein Hauptstolz der Gemeinde. Leider wurden nur selten wirkliche glückliche Lösungen gefunden, und es wäre übertrieben, wollte man von einem eigenen „Wiener Gemeindebautenstil" sprechen. Einige hübsch angefertigte Modelle (etwa: Kindergarten in der Siemensstraße), die aus der letzten Zeit stammen, versprechen einiges für die Zukunft. Sehr gut ein Modell der Siedlung Schöpfwerk, unterstützt durch Photographien. Freilich sollten die bunten Fäden auch die Stellen verbinden, die zusammengehören; als Verzierung sind sie überflüssig. Die Forschupgsstelle für Wohnen und Bauen zeigt Studien, Baukostenberechnungen, Pläne, Bauindizes und berichtet so von ihrer Tätigkeit. Die künstlerische Ausgestaltung der Neubauten (2 Prozent Klausel!) hat zwei Seiten: die auf den Häusern angebrachten Mosaike mit ihren meist symbol- tfächtigen Figuren sind oft schauerlich; dagegen befriedigen die im Freien aufgestellten Plastiken durchaus, auch in ihrer Abart als Spielplastiken. Erfreulich auch die Absicht, Werke moderner Künstler anzukaufen und in Schulen zu zeigen, wenn sie bisher auch nur vereinzelt verwirklicht wurde. Ein kleines Guckfenster in der Ausstellung zeigt einige der angekauften Arbeiten. Ein darunter angebrachter Knopf soll die Bilder wechseln lassen: Moldovan, Riedl, Lehmden, Unger Es ist ein elender Mechanismus, denn nach einigen Umdrehungen setzt sich das Getriebe rückläufig in Bewegung. Ein schlechtes Omen? — Der Wiederaufnahme der Gasversorgung nach den Kampftagen im April 1945 ist unverhältnismäßig viel Raum gewidmet; aufschlußreich und informativ dagegen die Bilderfolge, die die Entwicklungsgeschichte der Wiener Verkehrsbetriebe erzählt. Lustiger ist noch der Feuermelder, der durch das Aufleuchten einiger Lämpchen die Geschichte einer Brandlöschung vorexerziert. Ab 14 Uhr wird im angeschlossenen Kleinkino ein Film über Wohnverhältnisse einst und jetzt, und über die Liesing bachregulierung gezeigt. Ein Modell der Wiener Stadthalle (Architekt Roland Rainer) und der Umgestaltung des Karlsplatzes und eine muntere Plastik Alois Heidels beschließen die Ausstellung,

ohne ihr bewegtes Bild wirklich abrunden zu können.

Es war eine glückliche Idee, zu beiden Seiten des Wienflüßchens im Stadtpark einmal eint

Plastikaufstellung im Freien durchzuführen. Die Figuren nehmen sich da sehr gut aus und fügen sich organisch in das Parkbild ein. Von den „großen Drei" der österreichischen Plastik, Wotruba-Leinfellner-Bertoni, stellen die’ beiden letztgenannten aus: Heinz Leinfellner „Die

Sitzenden" aus Sandstein, vielleicht die interessanteste Arbeit, die gezeigt wird, sehr gut in ihrer Zueinanderordnung. Wander Bertoni ist mit zwei abstrakten Plastiken aus Kunst- bzw. Sandstein vertreten; die kleinere, sehr geschlossen und kompakt, überzeugt vor allem durch die Behandlung des Materials. Daneben treten Josef Pilihofer mit einer abstrakten Plastik, die „Große Sitzende" benannt, und Oskar Bottoli mit seinem kleinen „Nilpferd" (Salzburger Marmor) hervor. Eva Maz- zucco stellt eine Spielplastik für Kindergärten, die Hutschhenne aus. Ermüdend die weitere Abfolge von Sitz-, Lieg- und Sinnenden, unter denen sich einige unproportionierte Monstren befinden (insbesondere Hauers Sandstein-Sinnender). Nichtssagend Hilde Urays „Sphinx". Von den Tierarheiten sind die von Alexander Wahl und Franz Barwig gelungen, andere indiskutabel (so Josef Schagerls „Sau"). Allgemein schwächer als die Plastiken die Reliefs.

Aufregend schöne Landschaften in wenig aufregenden Bildern zeigt die Ausstellung „Reis e- bild — Der Künstler sieht die Welt" im Wiener Künstlerhaus. Die graphischen Blätter sind im Durchschnitt bedeutend interessanter als die gezeigten Oelbilder. Auffallend, wie wenig einzelne Künstler mit der Farbe anzufangen wissen, die ihnen meist nur zu möglichst naturgetreuer Wiedergabe des Gesehenen dient. Geographisch ist eine starke Bevorzugung der südlichen Länder festzustellen. (Der Preis der Bilder schwankt zwischen 7000 S und 250 S ohne Rahmen.) — Interessanter und wesentlicher die Ausstellung „Das Wiener Bühnenbild", zu der auch ein hübscher Katalog erschienen ist. Ihre Gliederung ist lebendig und übersichtlich.

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