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Alte Kunst und Neue Welle

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Mit „Götz“, „Teil“ und „Jux“ haderte die Wiener Presse noch und redete von Geld-beim-Fenster-Hin-auswerfen. „Maria Stuart“ brachte die Wendung. Jetzt, da in der Reihe der Wiener Burgtheaterfilme „Don Carlos“ vorliegt, ist der Sieg unbestritten. Der Beifall ist allgemein und gilt nicht nur der Bühneninszenierung Josef Gielens, sondern auch der Bildregie Dr. Alfred Stögers. Dabei haben der Tod Werner Kraiuß,' und aridere;notwendig gewordene Um-besetzungen - in so gut wie allen Hauptrollen dem , seinerzeitigen Theaterrcst 1955 viel vom Fest genommen; es ist aber das alte Burgtheaterwunder, daß sein Himmel nicht auf einer, sondern auf vielen Säulen ruht. Sie tragen auch hier, ja sie kündigen noch weitere Erfolge mit Plänen wie „Medea“ und der „Bauer als Millionär“ an.

Der Originaltitel „When Comedy was King“ ist mit dem deutschen Satz „Als Lachen Trumpf war“ annähernd singemäß, aber doch recht glanzlos übersetzt. Dabei hat der deutsche Begleittext zu alten Streifen mit Chaplin, Keaton, Turpin, Fatty, Beery, Laurel und Hardy sowie Mabel Normand und Gloria Swanson ausnahmsweise wirklich Schmiß und Schwung. Das Glanzstück ist die Geschichte vom Weihnachtsbaum, in der das uralt Komische des Zerstörens eine erlesene Orgie feiert.

Ein Schlammspritzer der „Neuen Welle“ erreicht uns mit des einstigen jungen Pariser Filmkritikers Claude Chabrol Film „Schrei, wenn du kannst“ („Les cousins“). Die Geschichte von den beiden ungleichen Vettern, deren einer das süße Leben bis auf den Grund ausschöpft und „daher“ immer oben ist, während der andere an Fleiß, Arbeit und Liebe zugrunde geht, ist mit beachtenswertem, allerdings mehr routiniertem als avantgardistischem Können in raffinierten Bildern erzählt. Doch hat das Handwerk einen schmutzigen Boden: jene von den Boulevardkritikern links und rechts (links regiert der liberalsozialistische Amoralismus, rechts die traditionelle Feigheit) verzückt angeschwärmte Snoberei, die jungen geistigen Schlurfe, die Gemütsproleten, die Sphinxe ohne Geheimnis unserer Tage mit dem Heiligenschein interessanter Hoffnungslosigkeit zu bekleiden (ein schlichter Arbeitskittel täte ihnen besser). Merkwürdig, daß wir es seit 60 Jahren im Film als aufregend revolutionär hinnehmen, wenn einer nur zynisch und laut genug rülpst. Wenn schon um jeden Preis auffallen — mein Gott, warum denn nicht einmal, ein einziges Mal: mit Lebensfreude und Lebensmut — das wäre einmal originell, ungewöhnlich, revolutionär!

„Weit ist der Weg“, auch sauber und nett, mit Freddy Quinn. „Sooo nicht, meine Herren“: gemeint ist wohl Joachim Kulenkampff und Co. in einem unerlaubt stupiden Spiel. Trotz Bombenbesetzung explodiert der Westerner „Denen man nicht vergibt“ nicht; unter den harten Filmen ist „Das Geheimnis der Dame“ läppisch, „Der nackte Spiegel“ schmierig und ordinär. Auch hier: immer neuer Schlamm, doch niemals neue Wellen.

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