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Wolf Haas schrieb Brenners letzten Fall.

Das ist eine interessante Kreislaufwirtschaft: In der Trafik kauft man sich die neuesten Zeitungen, sprich neueste Nachrichten, Analysen, Hintergrund, Tipps, Kommentare, ja was glaubst du. Aber woher wissen die Zeitungen das alles? Und siehst du, die wissen es wieder von den Trafikanten.

Jetzt hat man in den letzten Jahren eines gut studieren können. Bei den Kühen in England. Dass es nie gesund ist, wenn Kühe Schafe fressen. Und ganz ähnlich ist es, wenn die Zeitungen sich zu viele Informationen im Zeitungsgeschäft holen, sprich Volk aufs Maul. Da kann es im Lauf der Jahre zu einer gewissen Gehirnerweichung kommen."

Da die Furche nicht zu jenen Zeitungen gehört, die ihre Informationen aus der Trafik beziehen, kann eine Furche-Redakteurin über Sätze wie diese schallend lachen. Wer schon einmal einen Haas-Krimi mit dem berühmten Privatdetektiv Brenner gelesen hat, erkennt sogleich den unverwechselbaren Stil und die typischen Bilder und Vergleiche, die wohl nur diesem Autor einfallen können.

Eingängig ist er nicht, der Stil, sondern sehr gewöhnungsbedürftig. Die Elemente der gesprochenen Sprache sorgen für eine gewisse Holprigkeit, die Wolf-Haas-Leser überwinden sollten, um sich nicht um einen der köstlichsten Lesegenüsse zu bringen, die die österreichische Literatur zur Zeit zu bieten hat. Manchen hilft das gesprochene Wort und in diesem Fall können die von Haas selbst gelesenen Hörbücher Abhilfe schaffen.

Das Einzigartige sind nicht die Krimiplots - es gibt spannendere Krimis. Das Besondere ist die Sprache, dieses Gequatsche eines Erzählers, das nun durch schon so viele Romane begleitet und in diesem Buch (für uns Leser leider) seinen endgültigen Abschluss findet. Das bittere Ende hat nur einen Vorteil: Wolf Haas lüftet in seinem letzten Brenner-Krimi das Geheimnis um diesen schwadronierenden und leicht hysterischen Erzähler, der mit seinem legendären Satz, "Jetzt ist schon wieder was passiert", von Roman zu Roman dem Leser seine G'schicht'ln reindrückt. In diesem Fall hat er zunächst einmal etwas Gutes auf Lager, zumindest am Anfang:

"Jetzt ist schon wieder was passiert. Und ob du es glaubst oder nicht. Zur Abwechslung einmal etwas Gutes. Weil erlebst du auf einer Intensivstation auch nicht jeden Tag, dass dir ein Hoffnungsloser noch einmal wird."

Dieser Hoffnungslose ist Privatdetektiv Brenner, der wider Erwarten eine Kopfschussverletzung überlebt, von der er annimmt, dass sie ihm der Grazer Kripochef zugefügt hat. Brenner ist nämlich am Ort seiner Herkunft angekommen und deshalb auch mit seiner Vergangenheit konfrontiert worden, und die war keineswegs rühmlich, stand da doch sogar ein Banküberfall auf dem Programm, bei dem der heutige Grazer Polizeichef mit beteiligt war. Im Folgenden kreuzen die Leser auch den Weg der Grazer Bürgerwehr und spielt das Schwarzenegger Stadion eine besondere Rolle. Nichts davon ist recherchiert, auch die Orte, über die er schreibt, sucht der Autor nicht auf. Wolf Haas verlässt sich auf seine Phantasie und wird von ihr nicht verlassen.

Die Erfolgsgeschichte des österreichischen Autors klingt wie ein Märchen, mit "Auferstehung der Toten" im Jahre 1996 begann sie und sie wird - wie der Titel des Romans schon sagt - mit dem "ewigen Leben" 2003 sicher nicht enden, sondern ohne Brenner anders seine Fortsetzung finden. Jahrelang hatte der ehemalige Werbetexter, Schöpfer von so genialen Slogans wie "Ö1 gehört gehört", Verlage für seinen eigen- und einzigartigen Roman gesucht. Nun endet die erfolgreiche BrennerSerie (über 600.000 Bücher wurden verkauft, im Herbst wird "Silentium!" verfilmt) mit diesem Grazer Auftragswerk. Auch wenn nach eigener Aussage des Autors derzeitiges Projekt ist, "sich kein Projekt reindrücken zu lassen", werden seine Fans gespannt darauf warten, was ihm in Zukunft Neues einfällt. Bis dahin können sie sich mit dem "ewigen Leben" und Sätzen wie diesen trösten.

"Vom Sehen rede ich gar nicht. Weil natürlich, der Sehnerv. Der mag es gar nicht, wenn du ihm mit einer Kugel kommst. Gott sei Dank der Sehnerv vom Brenner nicht ganz kaputt, nur beleidigt, sprich der Brenner hat zwar mit dem linken Aug einen etwas rötlichen und mit dem rechten Aug einen mehr grünlichen Dr. Bonati gesehen, aber eben doch eindeutig den Dr. Bonato. Und er war froh, dass er mit den Augen unterschiedliche Farben gesehen hat. Weil gute Ablenkung, die ganze Zeit heimlich vergleichen, links ein mehr rötlicher Psychiater, rechts ein eher grünlicher Psychiater, quasi Meditation. Rechts war der Psychiater grün vor Ehrgeiz, ist dem Brenner vorgekommen, links rot vor Wut auf den Brenner, weil der immer noch behauptet hat: Die Kripo wollte mich beseitigen. Der Kripochef wollte nicht, dass ich nach Graz zurückkomme.'"

Das ewige Leben

Roman von Wolf Haas

Hoffmann und Campe, Hamburg 2003 220 Seiten, geb., e 18,50

Hörbuch.

Sprecher: Wolf Haas.

Hoffmann und Campe, Hamburg 2003 3 CDs, ca. 230 Min., e 23.60

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