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Die apokalyptische Schlacht
Daß sich erst zehn Jahre nach einem Weltkrieg der Kriegsfilm voll entfaltet, erklärt man damit, daß sich in dieser Zeit dem Pazifismus wieder offener und getarnter Militarismus zugesellt: erst in diesem Auf und Ab, Für und Wider kann sich die apokalyptische Schlacht des Kriegsfilms so richtig austoben. Man kann diese Entwicklung in unseren Tagen dem deutschen Film deutlich, dem ausländischen weniger klar ablesen.
In dieser Woche ist wieder einmal Amerika dran, und zwar mit einem unverhüllt antimilitaristischen Stoff aus der Westfront“ des ersten Weltkrieges, „Wege zum Ruhm“. Man hatte drüben wahrhaftig keine Freude an dem Buch (erst ein junger Außenseiter, Stanley Kubrick, griff das beinahe schon vergilbte auf), die Aufführung wieder reizte die Franzosen zu Widerspruch. Wir stehen diesen Dingen (noch) unbefangen gegenüber und empfinden die Geschichte dreier Frontsoldaten, die vor dem Kriegsgericht für die Eitelkeit ihres Divisionärs und die Ehre der Nation den Kopf herhalten müssen, nicht eben überwältigend zeitnah, aber doch von hohem sittlichem Ernst und einer gewissen erzieherischen Wirkung auch für die Gegenwart, mehr noch vielleicht für die Zukunft .... Kubrick hat den spröden Stoff packend geformt, nur die Frontkabarettepisode am Schlüsse, in der Wiener Kopie gekürzt, erscheint irgendwie aufgeklebt; vielleicht verriet die Originalfassung ihren eigentlichen Sinn. Der Film wurde mit amerikanischem Team und ausländischen Darstellern (Kirk Douglas, Adolphe Menjou, George McReady) in Geiselgasteig gedreht. Merkwürdig, wie auch Atelierluft die Filme filtert! Mag sein, daß die bayrisch-amerikanische „Amalgamierung“ nicht ganz geriet, vielleicht auch, daß der iunge Regisseur noch nicht den letzten Schwung heraus hat: kurz, der Film ist irgendwie gehemmt, mit unsichtbaren Gewichtern beschwert, nicht ganz in jenem höchsten Rang, den man sich für die Behandlung solcher „letzter Dinge“ des Menschen unserer Zeit wünscht.
Es geschehen noch Zeichen und Wunder (des Schneeschuhs). Ein paar Rosinen aus Kurt Maix' „Flaggen im Nebel“ gepickt, ein Bombenkameramann losgelassen, der eindeutig an die klassischen Wintersportfilme Fanckhs anschließt, Toni Sailer fürsichtig an der Hand eines klugen Regisseurs (Hans Grimm) — und ein Pferd, auf das niemand gesetzt, geht bei-fallumrauscht durchs Ziel: der prächtige Bavaria-Film „Der schwarze Blit z“. Es ist nach Jahren wieder ein herzhafter Sportfilm, der dem Toni gibt, was des Tonis ist, und dem „Film“ nichts schuldig bleibt. Der Walzer im Pulveischnee ist ein großartiger Gag, das Rennen ein sportlicher Leckerbissen, ein paar Nachtaufnahmen bei Fackellicht sind hauchzarte, farbige Poesie. Eine Bronzene für den goldenen, sympathischen, unprätentiösen Toni!
In spröder, neoveristischer Holzschnittmanier hat Henri Verneuil eine Fischerdorfgeschichte mit nicht eben überwältigender Story, aber mit hoher Schule der Kameraführung inszeniert: „Der Acker der Verfemten“ („La Table-aux-Creves“). Es beginnt wie Sacha Guitrys Schwindlerroman etwas frivol mit einem „lustigen Tod“ und steuert über beklemmende Konflikte einem hübschen Happyending zu. Fernandel gibt eine diskret-humoristische Charakterstudie. Ein heiteres Drama, ein düsteres. Lustspiel. Aber es hat trotzdem Stil.
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