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Die Burg kommt ins Heim

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Im Auftrag des Unterrichtsministeriums hat die V i e n n o 1 a, „Die Schallplatte aus Wien“, soeben in einer schönen Schmuckkassette in drei Langspielplatten „König Ottokars Glück und Ende“ mit der Besetzung der Eröffnungspremiere

Theater in Berlin — Theater in Wien

Theater“ des hochbegabten Wolfgang Langhoff, der sich aber parteitreu einem zahmen Stil, eben dem „sozialistischen Realismus“, verschrieben hat. Das Schaufenster Ost-Berlins für den Westen ist nach wie vor Bert Brecht mit seinem Berliner Ensemble, den Wienern durch das Gastspiel in der Scala bekannt. Brecht residiert im Theater am Schiffbauerdamm, herrscht hier diktatorisch über seine Schauspieler und die Stücke, die er zur Aufführung präpariert, peinlich genau wie Rekruten, um seine Ideologie zu exerzieren. Neben der „Mutter Courage“ und dem „Kreidekreis“ stellt er hier den Intellektuellen des Westens die „Winterschlacht“ von Johannes R. Becher vor, eine Reportage des letzten Krieges in hochoffiziöser Sicht, — und dann aber auch Farqhars „Pauken und Trompeten.“

Während sich Nebel und Kälte über die große graue Stadt an der Spree senken, während Ost-Berliner Polizisten neue Absperrungsmaßnahmen an den U-Bahnhöfen errichten und Ostdeutschlands politische Gewaltige ihre Brandreden gegen den Westen halten, hasten, in den frühen Abendstunden, tausende Menschen aus West- nach Ost-Berlin, und aus dem Ostsektor nach dem Westsektor: um ins Theater zu gehen, um schöne Stimmen zu hören, in der Komischen Oper oder im Theater am Kurfürstendes wiederaufgebauten Burgtheaters herausgebracht. Das Unternehmen, ein echtes Wagnis, ist voll gelungen. Klangschönheit der Stimmen, kluge Auswahl der Szenen, sorgfältige Regie der Aufnahme. Die technische Perfektion steht hier aber im Dienste eines größeren Anliegens, das die Aufmerksamkeit zunächst einmal aller Oesterreicher, die für unser Land und seine Kultur Interesse haben, verdient. Diese Schallplattenedition steht ja mitten in einer größeren Reihe von Aufnahmen, die Wiens führende Bühnen, zumal prominente Aufführungen unserer Staatstheater einem größeren und einem ferneren Kreis von Menschen mittein sollen, die keine Gelegenheit haben, nach Wien zu kommen. Für alle Auslandsösterreicher, für alle österreichischen Vertretungen im Ausland, wobei vor allem auch an wirtschaftliche Stellen gedacht sei, wird hiermit ein Werbematerial geschaffen, das die Strahlkraft österreichischer Kultur unmittelbar zu mittein vermag. Wenn der Wohlklang der Stimme Raoul Aslans, als Ottokar von Horneck das Bekenntnis zu Oesterreich spricht, und diese Platte in Melbourne und Sydney, Boston und Moskau, Tokio und Rio de Janeiro ertönt, dann ist da das Burgtheater präsent, und mit ihm die dichte Atmosphäre österreichischer Humanität, wie sie die Sprache der „Burg“ in einzigartiger Weise fixiert hat. So eignen sich diese Platten als aufmerksames Geschenk für alle Freunde Oesterreichs in der weiten Welt — und nicht zuletzt für jene, die es werden sollen.

Die große Möglichkeit der Kulturwerbung für Oesterreich, die durch diese Schallplattenedition gegeben ist, sollte aber auch sehr bald nach innen genutzt werden: für unsere Schulen, Familien und Heime.

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