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Digital In Arbeit

Die keutige Erde

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Erde unser, schön wärest du ohne Ende, wollte der Himmel unser auch bleiben, nach gleichem, doch schönerm Gesetz, wie der Sommer, das Glück und das Leben vergehn.

Lieg hin im Grase und lasse dich wiegen, ober dir eines Baumes grünes Gezweig. Wird ein Zweig deinem Aug s o zum Bild, und dein Aug s o die Mitte des Spiegels: so weit außen der Zweig, so tief innen in dir schwingt dieser Zweig.

Freilich, da mußt du gelebt haben viel schon, die langen Jahre der Angst und der Fürchtnis, die vielen Jahre der Arbeit ums Brot und im Schweiße, und einer vielleicht von dem Fleiße dann spricht, den du hast angewandt.

Den du hast angewandt, daß in der Stunde des Friedens, der einzelnen, einzigen darfst sehen den einen Zweig.

Erde unser, schön wärest du ohne Ende, bliebe der Himmel auch unser und seine Sterne, die klaren, kühlen, die immer wir kennen, nicht die falschen Kometen, die fallen auf unser Haupt, damit wir verkommen, dieses Menschengeschlecht.

Erde unser, bliebe der Himmel auch unser...

II

Heute haben die Kühe es gut gehabt.

Sie waren den ganzen Tag auf der Weide, die Sonne hat sie und ihr Gras gelabt, nun muhen sie abends im Stall, dem Windhauch der Weide ein Widerhall.

Und draußen weit auf der ebenen Heide, da pfeift wie vor langer, langer Zeit einer hinein in den Himmel weit das Lied, das alte, vom Glück und vom Leid und kümmert sich nicht um des Herrschenden Kleir),

Aber wir in der Welt des betrieblichen Lebens warten vergebens und harren vergebens, daß einer zu schmücken kam unser Kleid und täte so auf unser Herz wieder weit und groß genug.

Wofür — sag du mir, wofür pflügt der Pflug?

Wo pfeift noch einer auf der ebenen Heide das Lied, das alte, vom Glück und vom Leide und kümmert sich nicht um des Herrschenden Kleid . . .

III

Blitz und Funken und Donner,

Donnergerolle und feuriger Schrecken jagen die Leute in Stubenecken, nur erlöster hervor sie kriechen, da die schweflige Wolke davonstürmt.

Will mich der Himmel schon holen?

Läßt, er mich in den harten Sohlen auf dieser härteren Erde?

Sieb, die feurige Himmelsleiter rollt sich zurück, hinauf zu den Sternen, mich nimmt sie nicht mit, läßt mich noch hier wie euch sie noch hier läßt.

O Wiederkehr des Todestags meiner Toten, wann kehrst du nur einmal noch an, wann rollst du, o Tag, dich hinüber, nimmst mich mit dir, nimmst uns alle mit dir?

Himmelsgewitter, wie lange wartest du noch — oder wir werden gut...

IV

Nun werden meine Füße langsam alt, es schleicht mich an des Alters Allgewalt, die Adern schwellen hoch an meinem Rist.

So kommt der Schluß, der sich dort höher frißt,

Bleib doch nicht immer allein.

Das Gemeinsame läßt sich schwer packen.

Das Weise kommt aus dem Einsamsein.

Alle zusammen haben den starken Nacker

Nimm alles in eins, gib dich allem hin, du findest dich selber fester darin.

Lieg hin im Grase und lasse dich wiegen vom Sang der Blumen und Gräser um dich,“ ober dir eines Baums grünes Gezweig.

Wird ein Zweig deinem Aug s o zum Bild, und dein Aug s o die Mitte des Spiegels: so weit außen der Zweig, so tief innen In dir schwingt dieser Zweig.

Er lebt durch dich, solann du lebst.

Erde unser, bliebe der Himmel auch unser ...

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