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Ein Land in den Ruinen des Krieges

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Mosambik ist 1994 Schwerpunktland von Mis- sio (Päpstliche Missionswerke) am Sonntag der Weltkirche (23. Oktober).

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Mosambik ist 1994 Schwerpunktland von Mis- sio (Päpstliche Missionswerke) am Sonntag der Weltkirche (23. Oktober).

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Ausgebrannte und verrostete Lastwagen säumen die Straßen. Verkohlte Häuserruinen sind über das staubige Buschland verstreut. In der Morgendämmerung wandern Kolonnen von Frauen mit Gefäßen auf dem Kopf kilometerweit zum nächsten Brunnen. Landarbeiter schultern ihre Hacken, um dem trockenen Boden die nächste Maisernte abzuringen.

Der Glanz ehemaliger afrikanischer Fürstentümer, die regen Handel mit Arabien, Persien, Indien und China trieben, ist längst verblaßt. 1498 tauchte das Schiff des portugiesischen Seefahrers Vasco da Gama auf seiner Expedition nach Ostindien vor der mosambikanischen Küste auf. Die ersten christlichen Missionare kamen 1559. Die über 200jähri- ge Herrschaft der Portugiesen schlug für Mosambik auch die dunklen Kapitel der Kolonialzeit auf. Sklavenhandel und Ausbeutung der Rohstoffe bluteten die Länder Afrikas aus und raubten ihnen die Chance einer selbständigen Entwicklung.

Elf Jahre dauerte der bewaffnete Befreiungskampf, bis 1975 die Unabhängigkeit von den portugiesischen Kolonialherren erreicht war. Für die Kirche brachen mit der Machtübernahme der Befreiungsfront Frelimo harte Zeiten an. Die marxistisch orientierte Regierung behinderte und unterdrückte nach Kräften jede Religionsausübung. Zu frisch waren die Erinnerungen an Predigten, in denen der Kampf um Unabhängigkeit als terroristisch verurteilt wurde. Politisches Tauwetter in den achtziger Jahren brachte den Dialog zwischen der Kirche und der Regierung in Gang.

Die Trommeln, die zum Gebet gerufen haben, sind verstummt. Sin-

gend und tanzend ziehen junge Mädchen mit dem Priester in die kleine überfüllte Kirche ein. Einer von nur 285 Priestern, die mit zwölf Bischöfen für mehr als 2,5 Millionen Katholiken da sind. In den Kriegsjahren hielten über 21.000 Katechisten und Katechistinnen die Kirche am Leben. Die mutigen Vermittlungsgespräche katholischer Bischöfe gaben dem Frieden die erste Chance. Nach zähen Verhandlungen wurde am 4. Oktober 1992 in Rom unter der Patronanz der Basisgemeinde San Egidio ein Friedensvertrag unterzeichnet. Seither gilt vielen Mosambikanern die Kirche als Retterin des Volkes. Die kleinen christlichen Gemeinschaften werden iraktischen und moralischen en des Wiederaufbaus.

Aber noch stehen 17 Millionen Mosambikaner vor den Trümmern ihres Landes. Die bewaffneten Banden der Renamo sind von Südafrika und früheren portugiesischen Großgrundbesitzern finanziert und zur Destabilisierung des jungen Staates eingesetzt worden. Sie haben das Land systematisch mit Terror überzogen, Dörfer verbrannt, Männer niedergemetzelt, Frauen und Kinder verschleppt und Buben im Volksschulalter zum Töten gezwungen. Das entsetzliche Schicksal der trau- matisierten Kindersoldaten ist nur eine der Hypotheken für die Zukunft. Eine Million Menschen sind ums Leben gekommen, vier bis fünf Millionen mußten aus ihren Dörfern fliehen. Ihnen droht die Rückkehr ins Nichts: zerstörte Lehmhütten, verminte Felder, fehlendes Saatgut, keine Vorräte, keine Schulen und Gesundheitsposten. Wird eine Versöhnung innerhalb des zerrissenen Volkes möglich sein? Die Kirche jedenfalls bündelt ihre ganze spirituelle und soziale Energie auf die Heilung der tiefen Wunden des Krieges.

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