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Eine Dichter-Matinee

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Inmitten der Zerstörung und materiellen Not ringt unsere Stadt mit unerschütterlichem Glauben an ihrer Zukunft, um ihr neues und zugleich ewig-altes kulturelles Antlitz. In dieses werdende bunte Mosaik fügen sich als wertvolle Steine die von der österreichischen Kulturvereinigung von Zeit zu Zeit veranstalteten Dichterlesungen. Bei der kürzlich unter dem Titel „Zukunft“ stattgefundenen Matinee lasen junge Wiener Schauspieler bisher noch unveröffentlichte Dichtungen bekannter Autoren als Ruf in die Zukunft, daneben aber auch noch neue Arbeiten junger Talente, unter denen so manches Werk eine zukunftsträchtige Begabung verspricht. Heinz Moog eröffnete den Zyklus mit einem Blick zurück in die Zeit der Not und las einige tiefmenschliche Briefe aus einem Bündel, das Max Meinecke als eigenstes Vermächtnis aus der „großen Prüfung“ heimbrachte. Sie sind Bekenntnisse eines tiefen Glaubens an „eine gütige Hand, die alles zusammenhält, was aus dieser Erde fällt“, und in denen jener Geist beheimatet ist, der in-

mitten eines bedrohten Seins eine neue Innigkeit und den Sinn für das Zarte sichtbar werden läßt. Oskar Werner las eigene Gedichte, von denen besonders das „An die Nacht“ und das „Vom Leid“ hinter einer dichterischen Impression tiefes und echtes menschliches Gefühl ahnen lassen. In der von Margarete Gutherz mit viel Innigkeit gelesenen Erzählung „Der Knecht“ von Margarete Miller-Hauenfels, die gleichsam den Kernpunkt des Zyklus bildete, werden unter dem Stern des „sanften Gesetzes“ Stifters die stillen und abseits liegenden Provinzen menschlicher Existenz und damit echtestes österreichertum angeschlagen. Unter den von Josef Meinrad und Jochen Brockmann gesprochenen Dichtungen junger Begabungen gefiel besonders „De profundis“, in der Erich Maria Schill um eine gültige Antwort auf die brennenden Fragen unserer Zeit ringt und in zukunftsfroher Zuversicht an den, „der mit weiten Schritten ewig zu uns her unterwegs ist“, einen Weg aus aller Bedrängnis aufzeigt. Einem gleich tiefen Glauben begegnen wir in dem Gedicht „Zum neuen Jahr“, das zum Jahresbeginn 1945 der Berliner Theologieprofessor Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis schrieb und der als einer der Letzten dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fiel. Grete Zimmer schlug den Schlußakkord mit zwei während des Exils geschaffenen Gedichten von Franz Theodor Csokor an. In der „Berufung des Matthäus“, das vor dem gleichnamigen Gemälde Caravaggios entstand, will Csokor die lahmen Herzen aus ihrer bequemen Trägheit zu wahrer Menschlichkeit aufrütteln. Die vielbeschenkte Stunde klang aus in Werner Bergengruens „Anrufung“, in der uns „ewig Tastenden“ das „göttliche Lösewort“ die finstere Nacht zerbricht und wir die Reise ins innere Reich der Seele antreten.

Aus dem Zeitschriftenwesen

Im Zusammenhang mit der Wiederbegründung der „Reichsvereinigung der katholischen Lehrerschaft“ Österreichs, die auch zu jenen im Jahre 1938 zerstörten großen Gesinnungsgemeinschaften gehört, tritt in diesen Tagen die „ö sterreichische Pädagogische Warte“ wieder ihren Weg durch die Lehrerwelt an. Eine ehrenreiche Geschichte knüpft sich an den Namen dieses Fachorgans, das jetzt seinen 34. Jahrgang beginnt. Die österreichische katholische Lehrerschaft zählt heute so starke aktivistische Kräfte in ihrer Mitte, wie kaum eine andere Berufsgemeinschaft geistiger Arbeiter bei uns zu Lande. Man kann erwarten, daß in diesem Kreise außer den Fragen der Berufsbildung und der Standesinteressen auch die großen Probleme der allgemeinen geistigen Bildung und der Wissenschaft eine publizistische Behandlung finden werden, die befruchtend über die Berufsgrenzen hinaus zu wirken bestimmt ist.

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