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Es geschah in der Bandgasse...

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Mitarbeiter und Rubriken

Nach dem Konzept des Chefredakteurs Mailler war dem Kunstteil der Zeitung ein — mit Ausnahme der von ihm früh erkannten „Massenkunst" Film — begrenzter Raum zugedacht. Trotzdem erstaunt heute, wie viele Mitarbeiter von Rang und Namen ihre Feder dem „Kleinen Volksblatt“ zur Verfügung stellten: im Theaiterfach Prof. Dr. Waller Neuwirth (von 1929 bis 1937), dem auch die undankbare Aufgabe zufiel, das neue Blatt in den mißtrauischen Sekretariaten der Wiener Theater zur Rezensionskartenbelieferung einzuführen: der früh verstorbene Dr. Rolf Kindermann und lange Jahre hindurch Dr. Friedrich Schrey- vogl, in der Musik Josef Haubenberger, der auch mit den Gesangvereinen einen fruchtbaren Kontakt schuf, ferner vom 5. Februar 1929 bis Mitte 1930 Dr. (heute Hofrat Professor) Hans Jancik, vom 23. November 1937 bis 1943 Prof. Dr. Roland Ten- schert (pseud. „Rote“), für Volksliedkunst (eigene sonntägige Notensedte!) Karl Liebleitner und andere; in der bildenden Kunst Prof. Dr. Viktor Trautzl; im Film, wie erwähnt, Adolf Kretschy, Wilhelm Auffermann, zeitweise Dr. Neuwirth, später ständig ich selbst.

Die Trümpfe von Sonntag und Montag

Eine Fülle von Rubriken reicherte das Blatt an, besonders die Sonn- tagbedlage und die Montagausgabe (die letztere mit fünf vorgeprägten von acht Seiten). Dort gab es außer den schon genannten Rubriken eine „weltliche Sonntagspredigt“ Fritz Pfannhausers, „Die Briefe der Fanny-Tant’ “ (Fanny Widmer- Pedits), sehr früh (neben der „Arbeiter-Zeitung“ als Pioniertat) eine eigene, damals ungebräuchliche kritische Filmseite, des erwähnten Feinschmeckers Heinrich Novak etwas zu nobel geratene kulinarische Spalte „Was essen wir am Sonntag?“ und andere.

Für Säuglingspflege schrieb die „Schwester Elisabeth“ (Frau Mina Wolfring), für Arztfragen Dr. Uher, für vorwiegend Gewerkschaftsfragen und Berufsangelegenheiten („Mein Beruf“) Gewerkschaftssekretär Waschnig, für Astronomie Erich Dolezal, für Agrarprobleme Inge nieur Müksch und später Ing. Wolf, für eine Elternseite Gottfried Strohschneider. Die täglichen zwei Romane und zahlreichen Feuilletons (täglich eines auf Seite 5) versammelte ein imposantes Aufgebot damals bekannter Erzähler, wie J. Michae- ler, Hans Huemer, Josef Robert Harrer, Oswald Strehlen, Ella Trieb - nigg-Pirkhert, Viktor Maria Psenner, Hans Sudėt, Hans Buresch, Yvonne Stepan und viele andere. Besonders gepflegt wurde der Kontakt zum „Reichsbund der katholischen Jugend“ und zur christlichen Turnerschaft.

Und was sagst du?

In den späteren Jahren tauchten im Blatte zwei Tagesglossen auf: Dr. Sigmund Guggenbergers „Und was sagst du?“ (gezeichnet „Sigismund“) und meine eigene Lokalspitze „Am Wegrand“ (gezeichnet „Echo“). Der Titel der ersteren sollte nach Maillers Vorschlag ursprünglich anders heißen, wurde dann aber vom Autor geändert und in mehr als acht Jahren auf 3000 Glossen gebracht.

Lange Zeit hatte das Blatt jeder, auch der kleinsten Nachricht ein eigenes Artikelchen mit Überschrift gewidmet. Allmählich stellte sich heraus, daß das des Guten doch zuviel war und Minderwichtiges am besten in Notizform zu sammeln war. Es galt nun, dieser Sammelrubrik ein Tüpfelchen auf dem „i“ zu geben, das heißt einen kurzen Artikel als Krönchen. Ich wich dabei auf jene Grundform aus, die man in der deutschen Presse die Lokalspitze nennt. Das Thema war jeweils eine besonders getönte Tagesnachricht, heiter, ernst, satirisch oder sentimental, die ich durch einen bestimmten Ton persönlich zu orchestrieren versuchte. Ich nannte diesen Kurzartikel von etwa 20 Zeilen an der Spitze der Notizen „Am Wegrand“ und erlebte jetzt die Freude, daß der Titel, unwesentlich verändert, auch beim „Volksblatt“ der Nachkriegszeit wiederauflebte. Besonders dankbar bin ich dabei noch heute dem Chefredakteur Mailler dafür, daß er mir dabei — wie im Filmreferat — ganz die Zügel überließ und mich nicht zwang, ausnahmslos jeden Tag witzig und spritzig zu stein, sondern nur, wenn mir eine Nachricht sozusagen entgegenkam.

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