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Hofmannsthals „Schwieriger“

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Die Sailztourger Festspiele 1967 sind nicht gerade mit Neuinszenierungen gesegnet. Auf dem Gebiete des Schauspiels steht, wenn man vom Europastudio absieht, Hugo von Hof-mannsthals Lustspiel „Der Schwierige“ allein da. Das Stück, seit den Tagen Max Reinhardts bei den Festspielen nicht aufgeführt, ist wert, daß man sich seiner erinnerte. Hofmannsthal hat sich in dieser Komödie mit aller ihm eigenen Dezenz und Verhaltenheit um ein psychologisches Seitostporträt bemüht, das wohl im wesentlichen authentisch geraten ist. Er hat aber daneben auch eine Fülle altösterreichischer Typen gezeichnet und die Nachkriegssituation der mittleren Adelskreise in einem atmosphärischen Gruppenbild festgehalten. Der vergilbte Glanz des kaiserlichen Österreich, das dem Herzen des Dichters so nahe stand, schimmert hinter dem Gesehehen, ja hinter jedem Wort dieser Liebeskomödie; heute seihen wir in ihr den elegisch lächelnden Abgesanig auf die Wiener Gesellschaft der zwanziger Jahre, die Hofmannsthal sehr klar sah, doch er hat ihr deshalb seine Neigung nicht entzagen, er hat sie dargestellt, wie er sie erletote — in Liebe wissend.

Im Rahmen des Salzburger Landestheaters wirken die Szenen der Komödie wie Albumblätter aus vergangenen Taigen. Die Figuren kommentieren sich seitost in der Sprache jener Lebensform, die es heute nicht mehr gibt. Dieser Eindruck ist vor allem ein Werk der Regie Rudolf Steinbocks. Richtigerweise läßt sie die Aktion hinter das Wort zurücktreten; denn die eigentliche Handlung im „Schwierigen“ ist die Konversation. Und die wird, insbesondere von den Damen, mit souveräner Leichtigkeit geführt.

In der Titelrolle berührt O. W. Fischer durch warmherzige Noblesse. Sein Graf Kari Bühl ist trotz aller differenzierten Naivität und Unentschiedenheit das Intoild des

Letzten Herrn: vornehm in Erscheinung und Gesinnung, freundlich distanziert, doch von jener rührenden Hilfsbereitschaft, verbunden mit Unfoeholfenheit, die Sympathie und Liebe gewinnt. Sein Stil ist Natur. Dabei hat er durchaus keinen leichten Stand neben der köstlichen Susi Nicoletti, die als seine Schwester Crescence durch das virtuose Ober-flächenspiel des wienerischen Komödientons brilliert. Uber sie könnte man eine Studie schreiben. Zum Verlieben komisch ist Alma Seidler als Edine. Allein ihr Lachen wiegt einen Sack komischer Gags auf. Von der jungen Helene Alterawyl hat man vor ihrem ersten Auftritt ein anderes Bild, als es dann Gerlinde Locker vermittelt. Man ist zunächst überrascht, wird aber mit dem Fortgang des Spiels von ihrem echten Herzton ganz gewonnen, Als Urbild sin-nenhaifter Weiblichkeit im Kostüm der Grande Dame präsentiert sich Christiane Hörbiger. Für die undankbare Rolle ihres Gatten fehlt Ernst Stankovski ungefähr alles. Das geht indes auf das Konto derer, die ihn hier eingesetzt haben. Als schlechthin idealer Stani muß Peter Weck bezeichnet werden. Unbezwingbar in seinem einfältigen Selbstvertrauen von verblüffend substanzloser Geschwätzigkeit, setzt er mit jeder Phrase, mit jedem Auftritt und Abgang eine Pointe. Paul Hoff mann bietet als berühmter Mann eine herrliche Studie von Gelehrtendünkel, von kindischem Geltungstrieb, und Alexander Kerst bewältigt mit Verve die Rolle des penetranten Maul- und Weiberhelden Baron Neuhoff. Bestes altes Burgtheater: Emerich Reimers und Josef Krastel als gräfliche Diener alten Schlags. Das Gesicht der neuen Zeit zeigt Hanns Obonyas böhmakelnde Lakeiendreistigkeit. Die Bühnenbilder stammen von Lois Egg, die Kostüme von Ernt Kniepert; beide haben sich mit feinem Gefühl den Geist der Komödie zu eigen gemacht.

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