6599287-1953_26_15.jpg
Digital In Arbeit

IM STREIFLICHT

Werbung
Werbung
Werbung

GESCHMACKVOLL oder nicht — was dabei herausschaut, war jedenfalls amüsant: wir sprechen von jener geschäftstüchtigen Aktion, die während der Wiener Festwochen die Schaufenster der Kärntner Straße und Umgebung mit und an Hand von Nestroy-Zitaten schmückte. Die scharfe Ironie gipfelt bei Nestroy ja nicht in einzelnen Pointen, sondern ist säuberlich auf jedes Wort, auf jeden einzelnen Satz verteilt, dergestalt, daß auch die Geschäftsleute nicht umhin konnten, sich selbst zu ironisieren, wenn sie Nestroy zitierten. Und so konnte man in den Auslagen der Schneider lesen, daß es kein Mensch glaubt, was der Mensch braucht, daß er „als wie ein Mensch“ ausschaut — und so weiter; jeder Wiener mochte selbst feststellen, wie weit das ging. Aber, warum nicht? Auch die Auslagenarrangeure unserer Tage neigen zum sachlichen Ernst und ein bißchen menschliche Ironie schadet weder ihnen noch den Kunden. Und Nestroy wird das keinen Abbruch tun.

DOMBENSCHÄDEN hätten Gelegenheit gege- ben, wenigstens den dem Donaukanal zugewandten Trakt der Roßauer Kaserne zu schleifen oder in einer menschliche Augen nicht mehr gar so schmerzenden Form wiederaufzubauen. Aber nein: Stück um Stück, wie aus dem Anker-Steinbaukasten, wurde dieses vielleicht häßlichste Gebäude Wiens wieder restauriert. Von unten bis oben und mit allen gotischen, floren-tinischen, maurischen und sonstigen Ornamenten, wie sie das 19. Jahrhundert so sehr liebte. Jetzt ist die Roßauer Kaserne so häßlich wie eh und je. Und der Beweis erbracht, daß auch der Wiederaufbau seine Perversionen haben kann..,

TT IELEN Fahrgästen der Wiener Straßenbahn, vielen Passanten auf den Wiener Straßen fielen am Freitag der vergangenen Woche die kleinen Blumensträußchen, auf, die. sich die Schaffner an die Dienstmütze und die Wachleute in den Blusenknopf gesteckt hatten. Und viele Wissensdurstige fragten natürlich den nächsten Schaffner und Wachmann nach dem Grund dieses vergnüglichen Blumenschmuckes. Und erhielten zur Antwort: „Das is, weil heute der ,Tag der Blume' is!“ Woran sich gewöhnlich ein kleiner Vortrag über Blumenliebhaberei im allgemeinen und die Tatsache im besonderen schloß, daß die Wiener Kleingärtnereien 20.000 solcher bunter Büschelchen an Polizei und Verkehrsbedienstete verteilt hätten, um sie solcherart zu Werbern für Blumenliebhaberei und Freude an der Natur zu machen. Wirklich: ein hübscher, ein sehr wienerischer Einfall...

Tj INE Meldung aus Deutschland, wo man be kanntlich die ersten Erfahrungen mit dem Fernsehen macht: „Nach dem Entwurf des neuen Hamburger Lustbarkeitssteuergesetzes sol' len Fernsehapparate, wenn sie in Gaststätten aufgestellt sind, besteuert werden.“ Dazu ein Witzwort aus den USA, wo man schon reichliche Erfahrungen mit der Television gemacht hat „Die Menschen wollen immer das Neueste haben. Kämen die Radioapparate erst jetzt auf den Markt — alle Leute würden froh sein, daß endlich ein Tongerät erfunden wurde, das ohne die häßlichen kleinen Bildchen auskommt...“ — Bleibt uns Unerfahrenen also die Frage: Ist das Fernsehen eine Lustbarkeit oder ist es was anderes?

*

TT ULTURFILME stehen an Stelle der Wochen-. schau im Programm des Wiener Burg-Kinos. Wer die Wochenschau sehen will, hat dazu in den Non-stop-Kinos und in den meisten Uraufführungsbühnen reichlich Gelegenheit. Gute Kulturfilme aber sind selten. Gute Kulturfilme werden auch von den breiteren Schichten nicht ver* langt — so heißt es wenigstens. Sie trotzdem zu bringen, bedeutet Mut. Hier, im Burg-Kino, ebenso wie in der Urania, ist dieser Mut vorhanden, hier wird ein eigenes Publikum erzogen und dadurch wertvolle „Kolonisationsarbeit“ geleistet.

T~\ER amerikanische Humorist und Zeichnet James Thurber ist zum Ehrendoktor der Haie-Universität in New Häven, Connecticut, ernannt worden, weil er — wie es in der Promotionsurkunde heißt — „die Menschen gelehrt hat, in einer Zeit voller Enttäuschungen über sich selbst zu lachen“. Warum auch nicht? Besser, eine Filmschauspielerin und nicht ein Schlachtenlenker bekommt das Kreuz der Ehrenlegion, und schaden kann es ja nichts, wenn auch der Humor einmal ernst genommen wird. Freilich, Thurber wird sich dennoch seine eigenen Gedanken darüber machen. Selbst ein Karl Valentin würde dem Weiß-Ferdl brüllend vor Lachen um den Hals fallen, wenn er erfahren könnte, daß ein „Freundeskreis der Münchner Volkssänger und Volksschauspieler“ tatsächlich Denkmäler für sie errichten will...

*

•yiERSCHUTZ und Tierschutzlotterie sind gute ■*• Dinge, denen unsere ganze Sympathie gehört. Aber wenn brüllende Lautsprecherwagen für sie werben und ihre Parolen ausrufen, möchte man um Schutz für den Menschen, den lärmgeplagten Großstädter, bitten.

anscheinend zugleich auch Einblick in das Schaffen verschiedener Kunstinstitute — so der beiden Akademien am Ring und der Graphischen Lehr-und Versuchsanstalt — geben; aber sie wirkt ein bißchen zufällig, wenn es auch erfreulich ist, daß die Staatsdruckerei nun auch dem Unkonventionellen und möglicherweise auch auf Widerspruch Stoßendem die Gelegenheit zum Debüt gibt. — R. Obsiegers Zeichnungen lassen auf einen begabten Gebrauchsgraphiker schließen, G. K r a u s zeigt unter anderem einen originellen Teppichentwurf, zu dem ein schülerhaftes Selbstporträt gar nicht passen will.

Der „Verband der Amateurphotographen Oesterreichs“ hat im Kunstgewerbemuseum (Eingang Weiskirchnerstraße) eine „Internationale Photoausstellung“ untergebracht, in der nicht nur sehr viele, sondern auch sehr viele schöne Photos zu sehen sind. Ein gewisses Standardniveau sorgt freilich dafür, daß man die ausgestellten österreichischen Lichtbilder kaum mehr von — etwa — den vietnamesischen und die wiederum kaum von brasilianischen, französischen, deutschen usw. Photos unterscheiden kann. Lediglich die Abteilung „China“ hebt sich durch geschickte Legierungen von Zeichnung und Lichtbild ein wenig von der allgemeinen qualitätvollen Gleichmäßigkeit ab. — Eine Reihe von Stereoskopkasten zeigt, daß auch diese Keimzelle des plastischen Films immer noch ihre Liebhaber hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung