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Jugend im Konzertsaal

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Es ist lobenswert, daß die Wiener Sängerknaben fast die ganze erste Hälfte ihres Konzertes zeitgenössischer österreichischer Chormusik widmeten, zumeist Ur- und Erstaufführungen, denen eine überaus freundliche Resonanz zuteil wurde. Den Beginn machten vier Stücke aus Anton Heillers neuester Messe, eigenwillig in dem rhythmisch modern hinstürmenden „Sanctus”, weihevoll im „Kyrie”. Die vier Chöre von Karl S c h i s k e für drei gleiche Stimmen wollen — sie sind 1945 entstanden — als ein Symbol der Ueberwindung einer umdüsterten Zeit aufgefaßt werden. Josef Lech- thaler, der vor zehn Jahren verschied, hat seinem „Minnereigen” alte Weisen aus dem 12. und 13. Jahrhundert zugrunde gelegt und die Stimmungen zwischen Besinnlichkeit und beschwingter Laune geschickt kontrastiert. Das „Kinderlied” von Fritz Skorzeny und die „Ballade vom Mann, der nicht laufen kann” von L. M. Walzel sind ganz dem Wesen und Denken der Jugend gemäß.

Durchgebildetes, virtuoses Klavierspiel erlebte man in einem Abonnementskonzert der „Musika lisch e n Jugend”. Winfried van den Hove repräsentiert diesen Pianistentyp. Bei Bartöks Sonate aus dem Jahre 1926 und Ravels „Gaspard de la Nuit” zeigte es sich, daß er realer Auffassung nähersteht als intuitiven Impressionen. — Ganz anders dagegen Alfred B r e n d e 1. Er hatte ein reines Beethoven- Programm gewählt und gezeigt, daß er ein Romantiker — wir schätzen sein Schubert-Spiel — im Grunde seines Herzens geblieben ist, der für die Universalität der Sonaten op. 110 und 111 weniger mitzubringen hat. Die cis-moll-Sonate war daher der Angelpunkt des Programms. Auffallend war die vielleicht bewußt praktizierte geringe Unterschiedlichkeit der Dynamik

Auch den Zeitgenossen zollte die „Musikali- sche Jugend” ihren Tribut. Die vierte Symphonie des Wieners Marco Frank, 1956 entstanden, will — nach den Worten des Komponisten im Programm — „deutsche Tiefe mit mediterranem Sinn für Klang und Form verbinden”. Weder das eine noch das andere war genug ausgeprägt. Synthesen sollte er den Franzosen überlassen. Die haben es in den Fingerspitzen, was anderwärts in bloße Reflektion mündet. Wie man unbeschwert musiziert, hätte Frank an Hans Erich Apostels „Variationen über drei Volkslieder” — und an dem Beifall des Publikums darnach — abmessen können. (Es spielte das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester, Dirigent war Gustav Koslik.)

Es stellte der jungen schwedischen Altistin Margareta Sjöstedt, Mitglied unserer Staätsoper, ein schönes Zeugnis aus, wenn sie — nach dem „Notturno” ihres Landsmannes Rangström und etlichen bläßlich geratenen Brahms-Liedern, die ganze zweite Hälfte ihres Liederabends Schönbergs fünfzehnteiligem Zyklus „Das Buch der hängenden Gärten” (Text von George) widmete. Sie hat dabei ihre ausgezeichnete Treffsicherheit, ihre Registertechnik, ja sogar Dramatik und echtes Empfinden ins Treffen geführt. Aber diesem Werk, das gegen die Singstimme geschrieben ist, war nicht zu helfen. Beifall erhob sich nach den schwedischen Liedzugaben für die Sängerin und den einfühlsamen, als Pianist bei Schönberg brillierenden Erik Werba.

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