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Konsum, Währung & Bewährung

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Was treibt uns in Einkaufszentren? Weshalb haben Menschen 30 Paar Schuhe? Was lassen wir uns nicht alles aufschwätzen!

Doch sind es nur die grellen Plakate, dröhnende TV-Spots und Hochglanzbroschüren, die uns sagen, was wir kaufen müssen, um bewundert, beneidet und beliebt zu sein? Dieser Trug treibt uns nur immer tiefer in die Maschinerie der Abhängigkeit vom „Brauchen".

Die Ursache ist nicht allein innere Unsicherheit oder der Wunsch, „in" zu sein im Zeitgeist, mit all seiner Maßlosigkeit. Sie ist vielmehr die Ausprägung eines Suchtverhaltens, nicht unähnlich dem bei Nikotin, Koffein, Alkohol und Drogen.

Die Suchtbefriedigung jedoch verdeckt unsere tieferliegenden Probleme und hindert uns an ihrer Wahrnehmung und Lösung, verschlimmert sie in den meisten Fällen noch.

Konsumsucht, vor allem wenn sie schon in der Kindheit eingeprägt und als Normalverhalten der familiären Umwelt erlebt wurde, belastet uns nicht nur mit Kram, den wir nicht brauchen, sondern verhindert, zu erfahren, wie man wirklich ist. Verhindert, den Sinn des Lebens zu erfassen, jenseits von immer mehr Habe.

Menschen, die ihre - nur kurzlebige - Befriedigung im Konsumexzeß finden, leiden oft unter Einsamkeit, Langeweile und Leere, sie fühlen sich ungeliebt und sind unzufrieden mit sich und ihrem Leben. Um vom Scheintrost der Kaufwut lassen zu können, müßten sie sich mit diesen ihren wahren, nichtmateriellen Nöten auseinandersetzen.

Kaufen kann nicht ersetzen, was ein erfülltes Leben ausmacht: Zuwendung, Freundschaft, Muße, Gemeinschaft, nicht nur miteinander, sondern auch mit der Natur. Was wird da nicht alles im Konsumrausch verdrängt: der Müll, der uns erstickt, das wachsende Ozonloch, der Autoterror ...

Doch das Pendel schlägt aus: Immer mehr Menschen, auch im reichen, verschwenderischen Norden, suchen nach einer anderen Lebenskultur, nach einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Eine Gruppe in den USA, die sich „New Road Map Foundation" nennt, entwickelte die Idee, bis zum 30. Lebensjahr zu arbeiten, um dann frugal mit einem Mindesteinkommen zu leben.

Seit 25 Jahren praktiziert dies die Gründerin der Bewegung mit 7.000 Dollar im Jahr; sie schrieb ein Buch über ihre Erfahrungen, das völlig unerwartet zum Bestseller wurde, und in welchem mit dem Mythos aufgeräumt wird, mein Einkommen bestimmt meinen Wert.

Schritt für Schritt erfährt die wachsende Zahl der nun schon 300.000 Anhänger der „New Road Map Foundation", daß sich ihre Währung nicht in Geld mißt, sondern in Lebensbewährung.

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