6769890-1968_49_29.jpg
Digital In Arbeit

Milhaud und Weber im Studio

Werbung
Werbung
Werbung

Schon seit vielen Jahren wird, vor allem von der Fachkritik, ein Opernstudio für angehende Sänger reklamiert Die Volksoper hat die Anregung auflgegriffen und in aller Stille für das Stadttheater Baden bereits zwei Werke („Wildschütz“ und „Evangelimann“) erarbeitet. Nun stellte sich das aus Studierenden der Akademie für Musik und darstellende Kunst bestehende Studio, von älteren Praktikern betreut, im Redoutensaal der Hofburg mit seinem ersten Wiener Abend vor. Doktor Otto Fritz als Regisseur, Franz Holetschek als Studienleiter und Prof. Walter Hoesslin als technischer Betreuer haben mit den jungen Sängern drei Mlnutenopem von Milhaud und ,Abu Hassan“ von Weber einstudiert. Auch am Dirigentenpult gab’s ein Debüt: Das aus Studierenden der Akademie gebildete Orchester wurde von dem nhil- harmonischen Konzertmeister Walter Weller mit Geschick und Schwung geleitet.

Die drei „Opéra-Miwutes" (Die Entführung der Europa“, „Die verlassene Ariadne“ und „Der befreite Theseus“) hat Darius Milhaud bereits vor 40 Jahren geschrieben, und sie werden da und dort auch immer wieder aufgeführt. Aber im Grund sind sie, trotz ihrer geistreichen Machart, ein wenig beschwerlich. An den früher einmal geläufigen, heute kaum mehr bekannten antiken Sujets vermag das Publikum von heute kaum Anteil zu nehmen, und die Sänger kommen nicht recht in Schwung, denn jede dieser Miniopern dauert knapp zehn Minuten. Orchester und Dirigent haben eher Gelegenheit, sich bei der Interpretation der filigranen Partituren zu bewähren —

und sie taten ’s nach Kräften. Auch die acht Solisten und der aus sechs Sängern bestehende kleine „Chor“ waren gut studiert. Man hatte sie in wenig kleidsame Masken gesteckt, wie Sellner' und Wotruba sie Heben. Die des Zeus als Stier hatte auch einen picassoiden Einschlag.

Wesentlich simpler, aber dafür effektvoller ging es dann in Webers Einakter „Abu Hassan" aus dem Jahr 1811 zu (Der Titelheld und seine Fatime spiegeln, von Schuldnern bedrängt, dem gutmütigen Kalifen und dessen Frau vor, daß sie gestorben sind, um ihm ein größeres Geldgeschenk zu erpressen). Der hübsche Rahmen aus ..1001 Nacht“ und die kleidsamen Kostüme hatten zwei Schülerinnen aus der Klasse von Prof. Egg gemacht: Susanne Sommer und Marie-Luise Walleck. Hier konnte man auch einige Stimmtalente feststellen: Nazrin Azarmi vor allem, die bereits im 1. Teil zwei Hauptpartien hatte, und Ingrid Kelemen, die nicht nur gut aussieht, sondern auch auffallende Spielbegabung zeigt. Die jungen Herren bewegten sich steifer beziehungsweise mit ein wenig verkrampfter Lustigkeit. Aber auch sie waren recht gut bei Stimme: Krunoslav Cigoj und Jaroslav Stajnc.

Man sieht: die besten jungen Sänger tragen ausländische Namen. Was die unvollkommene Aussprache und Artikulation betrifft, so standen ihnen die Einheimischen kaum nach. Hedda Kindler war eine dekorative Kalifln (Sprechrolle) und Florian Liewehr ein stattlich-schlanker Kalif. Als Conférencier der Mlnutenopem hatte er die undankbare Aufgabe, einen recht salzlosen Text auf Mittelschulniveau zu sprechen. — Die den Publikumserfolg von Lustspielen und Operetten sichernden Requisiten — ein Kind, ein Hund, ein Eselchen — sind an diesem Abend durch eine weitere Nummer vermehrt worden: Die exotische Fatime hielt während ihrer großen Arie ein Kätzchen im Arm, das sehr interessiert ins Orchester starrte, wo der harmonische Lärm produziert wurde.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung