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Neue Gedichte

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Yamins Stationen. Von Peter Härtung. Verlag Bechtle, Eßlingen.

Es ist bedenklich, daß diesen Gedichten eine Nachbemerkung angeschlossen werden mußte, in der es zu Anfang heißt: „Wenn ich seine Worte richtig zu hören vermag und am Schluß: „Nichts ist begreifbar, niemand findet heim ...“ Aber das so Gesagte stimmt: es ist schwer, die Worte richtig zu hören, und man findet nicht heim ... Stefan Georges äußere Spuren wandelnd, vermeidet der junge Autor große Anfangsbuchstaben und sämtliche Interpunktionen. Die innere Spur aber ist seine ureigene, er gibt flüchtige Impressionen, er gibt sie glaubhaft, aber sie sind eben nicht mehr als flüchtige Impressionen, und so ist es noch weit bis zum Dichter, dessen Aufgabe da ist: verdichten. *

Sieben mal sieben. Verlag Fretz Sc Wasmuth, Zürich.

Es war eine gute Verlegertat, sieben jüngeren Dichtern ein Bändchen zu widmen (in dem freilich jeder nur siebenmal aufscheint). Von ihnen sind sechs erst in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts zur Welt gekommen, und es fiele schwer, aus diesen kärglichen Proben etwa über Fritz S e n f t, Erika B u r k a r t und Walter Bischof Schlüssiges auszusagen. Vielleicht steht ihr wirklicher Beginn noch bevor. Aber man horcht doch auf, wenn der jüngste von den Sieben. Walter Bollinger (geboren 1929) sagt: „Und das Leben wartet morgen auf uns — und immer der Tod“, und wenn Hans Boesch das dichterische Wort findet: „... als spräche ein Brunnen zur eigenen Lust“, Walter Groß weiß noch mehr: „Herrschen wird das Stumme.“ Aber der älteste von allen, Urs O b e r-lin (geb. 1919), ist fertig und bereit: „Still im Herzen ranken Keime unsres wirklichen Beginns.“ *

Botschaften des Regens. Von Günter Eich. Verlag Suhrkamp, Frankfurt am Main.

Günter Eich ist kein Junger. Schon vor bald 30 Jahren hat die „Neue Rundschau“ Gedichte von ihm gebracht, und nun legt er uns die lyrische Ernte seit 1950 vor. Man liest sie bedenkenvoll, denn er dichtet wie ein Junger, eins zum andern gestellt, gleich unserm Leben, das auch so ungescheut bringt, was es sich für uns aufgeladen hat. Die Begründung: „Heut ist, was gestern war“, und: „Es könnte sein, daß eine Rangänderung im Gange ist.“ Aber es ist wirklich kein Anfänger, der so schreibt: „In eine Schiefertafel eingegraben, kehrt die Kindheit zurück“, kein Junger, der von det Sonne, dem unverlangten Geschenk, weiß: „Eines bestürzenden Tages wird es zurückverlangt.“ Und er weiß auch, daß neben seinesgleichen „heimliche Königreiche bestehen“. Ein Dichter!

Kreis der Gemeinschaft. Von Karl B. Frank. Europäischer Verlag, Wien. Preis 29 S.

Auch der St.-Pöltner, Prälat Karl B. Frank, der gelehrte Bibelexeget. ist längst kein Junger mehr: schon ypr 25 Jahren erschien sein erstes Sonettenbuch, und auch jetzt sind es wieder Sonette, die er zu einem stattlichen Baild vereinigt hat. Dieses starre Festhalten an einer Form, die fordernd und gestreng ist. möchte man fast bedauern, denn sie engt den Fluß der Lyrik unerbittlich ein. So gelangen dem Autor weitaus am besten die Gedichte,in denen er dem zweiten Vierzeiler neue Reime gab. Das Buch wendet sich, wie sein Titel andeutet, an einen bestimmten Leserkreis, aber dieser Kreis ist sehr weit gezogen, und wer da meint, religiöse Dichtung schwebe heute allemal zwischen „Unver-ständlichkeit“ und „Kitsch“, wird hier eines Besseren belehrt.

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