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Sängerwettstreit zu Verdi-Musik

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Das System der Doppelpremieren — bisher ein Reservat großer Häuser — wurde nun auch von der Grazer Oper übernommen. Damit führt der designierte Intendant Karlheinz Haberland einerseits die Potenz des heimischen Sängerensembles vor, zum andern kann solcherart ein Spielplan erstellt werden, der weitgehend gesichert ist, und schließlich dient die Vorbereitung von Doppelpremieren auch der Heranbildung eines möglichst homogenen Ensembles. — Das hervorragende Niveau und die für auswärtige Besucher oft erstaunliche Leistungsfähigkeit der Grazer Oper hat sich in der zweifachen Besetzung des „Troubadour aufs beste bewährt. Der gute Ruf, den das Haus in den dreißiger Jahren und früher besaß, hat sich ja seit einigen Jahren erneut gefestigt.

Jede der beiden Besetzungen von Verdis „Troubadour hat etwas für sich, und so gab es denn an jedem der beiden Abende Beifallsstürme für die „Stars des jeweiligen Teams. Die mit Recht begeisterte Zustimmung galt aber ebenso der hervorragenden, nervigen Art. wie Berislav Klobuiar Sänger und Orchester zu höchster Sauberkeit führte und der altbekannten Musik neue Farbenreize abzugewinnen mußte. Jose M. Perez und Mario Aich singen den Manrico. Aich ist der reifere Gestalter. Perez der bessere Sänger. Es ist erstaunlich, wie der junge spanische Tenor sein prachtvolles Material durch intensives Studium so weit kultivieren konnte, daß er in nicht mehr ferner Zeit in die internationale Spitzenklasse der Verdi-Sänger vorstoßen dürfte.

Boiena Ruk-Focit (Leonora) besticht durch kultivierte Stimme und sympathische Darstellung. Stefka Todorowa hingegen wirkt durch ihren jugendfrischen Sopran, der allerdings in der Höhe noch etwas scharf klingt. Die Überlegenere der beiden Azucenen ist Margit Kobeck, die temperamentvollere Hilde Roser. Den Luna singen Rudolf Constantin und Hans Helm: dieser ist der lyrische (aber auch der blassere), jener der vehemente, mitreißende, dem auch die leuchtenden Höhenregister mühelos zur Verfügung stehen. Engelbert Domig (Ferrando I.) gefällt durch geinen stählernen Baß, Ferrando II. (Gunther Adam) durch die runde Fülle seiner schönen Stimme. — Die Meinungen über den Ausgang dieses friedlichen Sängerwettstreits gingen natürlich auseinander. Aber die Tatsache, den „Troubadour* in zwei vollwertigen Besetzungen auf den Spielplan zu haben, bedeutet jedenfalls eine Leistungsspitze für ein mittleres Operntheater wie Graz es besitzt. Von der Regie Haberlands wäre zu sagen, daß sie sich in außerordentlichem Maße um die Führung der Darsteller bemühte, daß aber manche effektvoll sein wollenden Einfälle und Zutaten eher störend wirkten. Zum erstenmal hatte man das Bedürfnis, auch auf den Text zu hören — nicht nur deshalb, weil die Wortdeutlichkeit diesmal besonders präznant war: die neue Übersetzung von Popelka und Winkler hatte ihre österreichische Premiere: sie räumt mit den unverdaulichen Formulierungen von ehedem auf, ist zwar ein wenig frei, aber dafür sangbar, und spricht die

Sprache normaler Menschen. So bekam man förmlich Lust, sich für den Vorwurf und seine historischen Hintergründe zu interessieren.

Ein klägliches Debakel wurde der diesjährige Ballettabend. Was die Choreographin Edith Kauer da zur Tschaikowsky-Musik als „Nußknacker anbot, glich im ersten Teil eher einer Weihnachtsfeier eines Geselligkeitsvereines; das „Divertissement brachte dann wenigstens ein paar hübsche tänzerische Nummern.

Im Schauspielhaus wird noch immer fleißig nachgeholt: das nämlich, was man im Rittersaal-Exil nicht geben konnte. So kommt es förmlich zu einer Massierung von Klassikern. Zuletzt-war der „Götz an der Reihe. Rolf Hasselbrinks Inszenierung sieht sich nicht übel an. Von deutscher Kraftmeierei ist ebensowenig zu spüren, wie vom Kernstock'schen Zwingergärtlein. Es ist ein sauber und rechtschaffen angelegtes Mosaik, das seinen Wert darin findet, daß es nicht mehr sein will, als das Bild einer Epoche, wie sie der junge Goethe in ihren zahlreichen Schattierungen gesehen hatte. In den Hauptrollen: Walther Prasting (Götz) und Robert Casapiccola (Weisungen); asketisch-praktische Dekors von Robert E. Jahren.

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