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Sender und Hörer

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Der bunte Spielplan, darin immer wieder das vom Theater entlehnte Schauspiel vorherrscht, während das radiogemäße Hörspiel im Hintertreffen bleibt, macht es schwierig, die Darbietungen unserer Radiobühne einer übersichtlichen Schau einzuordnen.

Aus dem Innsbrucker Studio übertrug Radio Wien eine Sendung des Schauspieles „D i e Landgräfin von Thüringe n“. Daß die Tiroler das Andenken an ihren allzufrüh heim- gegangenen Dramatiker Josef Wenter vor dem Verblassen behüten, gereicht ihnen sicherlich zur Ehre. Wie wenig sich aber just dieses edle Schauspiel für den Rundfunk eignet, erweist sich deutlich genug schon allein am Schlüsse des 1. Aktes, einem der Höhepunkte der ganzen Bühnendichtung. Wenn da zur Rettung der wegen ihrer grenzenlosen Barmherzigkeit hart verklagten Landgräfin Elisabeth der Körper des von ihr gepflegten aussätzigen Knaben sich in ein leuchtendes Kruzifix verwandelt, während „über, irdischer Glanz“ den Raum erfüllt, wie denn sollte dieses Wunders Wirkung dem Radiohörer auch nur notdürftig vermittelt werden? Auch Hanns Müllers Komödie „K 1 e i n e r Walzer in a-moll“ zeigt sich mit dem häufigen Wechsel ihrer Schauplätze, der erheblichen Zahl ihrer Rollen und der ganzen Art ihres Baues deutlich mehr in der Richtung nach der Schaubühne als nach dem Hörtheater orientiert. Beziehungsreich .eingerahmt von einer bescheidenen wienerischen Gegenwartshandlung, wird wieder einmal das Verhältnis Frederic Chopins zu der Romanschreiberin George Sand psychoanalytisch durchforscht, jene Haß-Liebe, welche diese beiden Menschen wie ein böses Fieber peinigte und nicht voneinander losikommen ließ. Wo die Handlung ins Stocken zu geraten droht, stellt zur rechten Zeit schöne Musik sich helfend ein.

Die beiden Sendungen mit denen die Radio- bühne ihren Goethe-Zyklus fortsetzte und vermutlich beendete, nämlich die Einakter „D i e

Geschwister“ und , D ie Laune des Verliebte n“, vermittelten nebst hoher Freude auch Gelegenheit zu grundsätzlichen Erkenntnissen über das Verhältnis des „optischen“ zum „radiophonischen“ Theater. Wo das Wort in so reiner Kraft erstrahlt und die dichterische Idee in solcher Klarheit hervortritt, darf das Hörspiel, auch wenn es als solches nicht geboren wurde, weitgehend auf die häufig mehr peinlichen als illusionsifördemden Behelfe seiner Schallkülis- sen verzichten, deren es sonst nicht entraten zu können glaubt. Auch hier kommt es also letzten Endes auf den Eigenwert und den geistigen Ge. halt des Kunstwerkes an. — Das erzieherische Moment, von jeher ein Merkmal des richtigen österreichischen Volksstückes, kennzeichnet auch das kleine Schauspiel „Apotheker Friedei“ von Otto A h r e n s als solches. An einem dem kleinstädtischen Leben entnommenen Beispiel zeigt es, wie die verstehende und verzeihende Güte eines Mannes nicht bloß das eigene Schicksal, sondern auch das seiner ganzen Umgebung über mancherlei Fährnisse hinweg in glückliche Bahnen zu lenken weiß.

Sieht man von dem im Rahmen der „Russischen Stunde“ gesendeten Hörspiel Konstantin Simonows „Der fremde Schat- t e n“ ab, so bleibt als regelrechtes Hörspiel bloß „D e r Urlaub" von Gertraud Birkmeyer. Zwei Bürokollegen verschiedenen Geschlechts beschließen, ihren Urlaub gemeinsam im Gebirge zu verbringen. Ihre Verlobung hängt in der Luft, leider aber auch viel Regen, der nun tagelang niederströmt und die Stimmung überaus reizbar macht, was bekanntlich der keimenden Liebe nicht zuträglich ist. Vorzeitig heimgekehrt, unternehmen die beiden geschwind noch einen Ausflug in den Wienerwald. wo sich denn bei schönerem Wetter die Herzen glücklich finden. Der im Grunde einigermaßen dürftige Einfall macht sich manche Möglichkeiten des Rundfunks erfolgreich zunutze.

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