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STIMMEN DER ZEIT
In der Gedenknummer der „Friedens-Warte“, des von der österreichischen Friedensgesellschaft herausgegebenen Or-ganes, findet man bemerkenswerte Gedenkworte, die anläßlich des Todes ihrer Gründerin Bertha von Suttner im Sommer 1914 geschrieben wurden.
Ellen Key schreibt am 29. Juni 1914, acht Tage nach dem Ableben der großen Friedenskämpferin:
„Den Sieg einer großen Idee, der wir unsere Seele und unser Werk gewidmet haben, zu erleben — gewiß ist dies für einen Idealisten das schönste Los. •
Aber das größte Los ist dem beschieden, der, obgleich er wußte, daß er nie den Sieg erleben wird, doch bis an den Tod, unter Leid und Spott, seiner Idee sich opferte.
Ihre Freunde hätten wohl Bertha von Suttner das schönere Los gewünscht. Das Leben aber hat ihr das größere beschieden. Und so wird sie in späten Zeiten — wenn der Friedensgedanke in der Menschheit zu Gefühl, Wille und Tat geworden ist, immer mit dem weißen Lichte des Morgensternes leuchten.“
Von Eduardo Giretti, Mitglied des italienischen Parlaments, lesen wir in der gleichen Suttner-Gedenknummer der „Friedens-Warte“ ex 1914:
„Ich betrachte es als eine große Ehre, diese tapfere Frau, die so viel für die Sache des Friedens und der internationalen Verständigung getan hat, persönlich gekannt zu haben. Ihr ganzes Leben ist bewundernswürdig. Ihr Andenken gehört zu jenen, die nicht ausgelöscht werden können. Die Menschheit hat eine unvergängliche Schuld allen jenen gegenüber, die, wie Frau Baronin von Suttner, eine hervorragende Intelligenz und eine unermüdliche Tätigkeit in den Dienst der Fürsprache gestellt haben für die Prinzipien der Gerechtigkeit, die allein die Stützen der künftigen Gesellschaft bilden werden.“
Edwin D. Mead, Direktor der „World Peace Foundation“ in Boston, schrieb am 30. Juni 1914 aus London an die „Friedens-Warte“:
„Das erstemal besuchte Baronin von Suttner die Vereinigten Staaten im Jahre 1904, um dem Friedenskongreß in Boston beizuwohnen. Damals sahen wir sie sehr oft. Ihre Anwesenheit war eines der bemerkenswertesten Ereignisse auf jenem bedeutenden Kongreß. Ihr Ruhm eilte ihr voraus, ihr machtvolles Buch wurde viel gelesen, ihre liebenswürdige
Persönlichkeit und ihre in einem klaren und ausgezeichneten Englisch gehaltenen Vorträge ließen überall einen tiefen Eindruck zurück. Sie sprach damals nicht nur in Boston, sondern auch in vielen anderen großen Städten, wo nach dem Kongreß Vorträge veranstaltet wurden.
Viel bedeutender war jedoch ihr Besuch in den Vereinigten Staaten im Jahre 1912. Sie war sechs Monate bei uns und hielt über hundert Vorträge. Einer der ersten war der in der großen Versammlung des ,American Federation of Women Club' in San Francisco. Wir erinnern uns mit Freuden daran, daß auf dieser Versammlung der große Verein, dem eine Million amerikanischer Frauen angehören, einen Beschluß faßte, die Sache des Friedens als eine der wichtigsten zu der ihren zu machen. Die Vortragstournee der Baronin erstreckte sich über das ganze Land. Überall fand sie wärmste und begeisterte Aufnahme...
Ihre Zuversicht auf den endlichen Sieg unserer Sache war vollkommen und aneifernd. Die Geschichte, die diese Bewegung als die größte Sache unseres Zeitalters bezeichnen wird, wird die Suttner als eine ihrer eindrucksvollsten und denkwürdigsten Anhängerinnen nennen ...
Wir in Amerika freuen uns darüber, daß sie ihre edle Arbeit nicht nur in Europa, sondern auch in unserer großen Republik geleistet hat, und in unseren Ohren klingt noch ihr Aufruf an die Vereinigten Staaten, die Führerschaft im heiligen Krieg für eine einige Welt zu übernehmen...“
Und aus Deutschland kamen folgende Worte:
„Eine seltene Frau. Und ein hohe Frau. Die Vereinigung einer vornehmen Herrin, die die Dinge mit ihrem milden Auge sicher ins Zukünftige richtet, und einer Demütigen, die ihren Glauben und ihre Hoffnung hütet wie geliebte Dinge. Kühnheit und Dienstwilligkeit für die Ideen, denen sie lebte, sprach mit eindeutiger Kraft und entschlossener Klarheit aus jedem ihrer Worte. Kein Wunder, daß ihre Worte und Werke als lebendiger und dringlicher Aufruf in alle Länder gegangen sind. Daß sie bei ihrer edlen Milde und Güte die tapferste Vorkämpferin ihrer Ideen im tätigen Menschheitskreise wurde.
Keine Moralistin. Eine mit reicher Phantasie und mit lichter Gefühlsglut gespeiste, willensmächtige Frau, die bis in ihre Siebzigerjahre und bis zu ihrem letzten Augenblick sich jung und leidenschaftlich hohen menschlichen Idealen zum Opfer brachte ...“
Zusammenstellung: Leo Sonnwald
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