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Taschenbucher / IL

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1953 ist dieses Werk erstmals erschienen. Bevor man zu Guardinis Hauptwerk über Jesus Christus greift („Der Herr“), sollte man diese Einführung lesen. Wie sich der Herr zeigt, Sein Bild, das wir von Ihm uns machen können, entnimmt Guardini nicht dem kanonischen Gang der heiligen Schriften, sondern nahezu umgekehrt: Die historischen Berichte der drei ersten Evangelien kommen zuletzt zur Besprechung. Denn der vorausgesetzte Glaube beginnt (über das Kunstbild) mit dem gelebten Bildvollzug der Liturgie, mit der lebendigen Begegnung, die der gegenwärtig Anwesende uns gewährt: „Der Herr ist der Geist“ — also nach den Briefen des heiligen Paulus; darauf der Bericht über den Hohepriester aus dem Hebräerbrief, dem das Wesensbild nach dem Johannesevangelium folgt und das Geschichtsbild der geheimen Offenbarung. Erst dann ist der historische Lebensbericht der Synoptiker verständlich. Am Gang der Untersuchung wird verständlich, wie einseitig und unzulänglich es ist, beim geschichtlichen Bild des Herrn sich aufzuhalten (oder gar stehen zu bleiben.'), wenn die unmittelbare Begegnung mit dem Jetzt-Christus nicht geleistet worden ist. Sooft man dieses Buch auch liest, der Herr wird wirklicher — und der Dank an den Verfasser tiefer. List-Bücher (Preis des Einzelbandes 15.80 S) APHORISMEN UND BRIEFE. Von Egon

Friedeil. Herausgegeben von Walter Schneider. 1961. 193 Seiten. Nr. 192.

Aus dem Gesamtwerk Friedells sind Aphorismen zusammengestellt, die dem Leser einen Geschmack an diesem vielseitig begabten, anscheinend vom Vergessenwerden bedrohten Autor geben können. (Besonders das Kapitel „Der Mensch der Zukunft“ I) An den Adressaten seiner Briefe, mehr noch an den Absendern, läßt sich ersehen, welche Streuung Werk und Person Friedells hatten.

AUF HELLER UND PFENNIG. Roman. Von Bruce Marshall. Aus der englischen Ausgabe übersetzt von Gerd va Bebber und Ernst Sander. 1961. 335 Seiten. Nr. 5.

Von Marshalls Romanen ist dies der am meisten romanhafte: eingefangenes, lebendiges, kleines, großes Leben wird erzählt. Diesmal in Paris, das Marshall aus eigenem Aufenthalt kennt. Banken, Pfarrhäuser, Kneipen, Bourgeois, Dirnen, Radikale und Sozialisten, Verschwörung, Verrat, Dynamit, Humor, Schwäche, Liebe — es ist, als habe sich der Verfasser Paris ausgesucht, um sich alle diese Menschen und Milieumöglichkeiten zu verschaffen. Und wie das lebt und ineinanderwirbeltJ Aber die Hauptsache an diesem Buch ist nicht „die Geschichte“, sondern das Orchester der Dialoge; die kann man nicht beschreiben, die muß man lesen.

Fischer-Bücherei

(Preis des Einzelbandes 17.30 S)

ROCK WAGRAM. Roman. Von William Saroyan. Aus dem Amerikanischen übertragen von Otto Schräg und Hans Hennecke. 1961. 223 Seiten. Nr. 405.

Rock Wagran ist ein Mann von Erfolg, kommt aus Armenien, gelangt bis nach Hollywood und ist nicht dumm. Er denkt nach, und dann denkt er. Dabei entdeckt er sich und — was ein Mann eigentlich ist. Er entdeckt keine Theorien, sondern ganz realistisch das Phänomen „Mann“ mit den Lichtseiten, mit den Schattenseiten, mit der Komik seines besonderen Seins, mit der Hilflosigkeit... Und dies ist sehr spannend geschrieben, so daß auch Frauen etwas davon haben, wenn sie ihres matriarchalischen Sieges nicht allzu gewiß sind.(Preis des Einzelbandes 13.70 S, Doppelband 23.80 S)

IEDER ZAHLT FÜR SEINE SCHULD. Roman. Von Charles Mergendahl. Aus dem Amerikanischen übertragen von Theodor Knust. 1961. 377 Seiten. Nr. 427 bis 428.

Dies ist die Geschichte eines Arztes in East Norton, Neuengland. Todkrank kommt dessen Jugendfreund Larry McFie in seine Heimat, um sich dort von Guy Montford behandeln zu lassen. Es ist aussichtslos: Larry ist einem längeren oder kürzeren Siechtum ausgesetzt. Der Arzt gibt dem Patientenfreund eines Nachts eine Überdosis Morphium. Niemand hätte es gemerkt, wenn nicht eine eifersüchtige und sehr verliebte, ja eigentlich liebende Krankenschwester dahintergekommen wäre: Es fehlte in der Apotheke die Droge. Montford wird vor Gericht gestellt. Dies ist die Geschichte, so wie das Gericht sie kennt. War Mitleid mit dem Freund das Motiv der Tat? Ob Montford das selbst weiß? Denn während der Krankheit des Freundes hat sich der Arzt in dessen Gattin verliebt, sie erwartet ein Kind. War dies das Motiv der Tat? Montford heiratet kurz vor der Geburt des Kindes seine Freundin Margreth; sie stirbt kurz nach der Niederkunft durch einen Unfall; der Neugeborene bleibt am Leben unter dem Namen „Larry“. Diese leidenschaftliche Liebes- und Leidensgeschichte spielt in einer Kleinstadt, deren Enge, deren Herz, deren Härte, deren unausrottbare Gleichheit, wo immer eine solche Stadt ist, den Roman belebt. Und hinter all dem bleibt für die Schuldfrage offen: Kennen wir unsere eigenen Motive des Handelns? Viele Schichten muß durchbrechen, wer die ehrliche Antwort bei sich selbst finden will.

DIE SPRINGENDE RUT. Geliebtes Kind. Unsere kleinen chinesischen Freunde. Von Pearl S. Buck. 1961. 165 Seiten.

Es war eine glückliche Idee des Verlages, diese weise Schrift Bucks, „Geliebtes Kind“, zwischen zwei sanfte, wunderschöne Kindergeschichten zu stellen: Die eine spielt in Japan und ist die Geschichte einer Kinderliebe; die andere erzählt, wie Chinesenkinder sind und leben. Dazwischen berichtet die Verfasserin eine Tragik ihres eigenen Lebens: Wie sie es auf sich nahm, ihre geistig zurückgebliebene Tochter in eine Anstalt zu bringen, wo dies eine Umgebung fand, die ihren Möglichkeiten entsprach. Mit nüchterner Tapferkeit spricht hier eine Mutter von Erfahrungen, die für viele andere Mütter und Väter vorbildlich, für viele geistesschwache Kinder zum Segen werden können.

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