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The Story of the Trapp family Singers

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Alles, was gut ist an österreichischem Wesen, in diesem Buche, das schön gedruckt ist wie nur ein Werk aus angelsächsischen Bereichen, fand es sein schlicht und ehrlich erzähltes Heldenlied. Die selbstverständlich stille Tapferkeit, die aufopfernde Hilfsbereitschaft, unbeugsamen Glauben, tiefe Musikalität und ehrfürchtiges Bewahren der heimatlichen Überlieferung erleben die Leser bewundernd mit. Vielleicht am Österreichischesten ist hiebet das Meiden des Großsprecherischen, des „Angehens“ und „Sichberühmens“, das diese Darstellung aufregendster Frlebnisse auszeichnet. Man muß sich erst klarmachen, was hier alles vor uns Gestalt annimmt und Ereignis wird. Dann mag so mancher Leser sein Gewissen erforschen und sich fragen, wie verhielte, wie verhielt ich mich in ähnlicher Lage. Brach doch über diese „singende Familie“ herein, was wir Österreicher im letzten Jahrdutzend durchmachten, wurde sie doch unnachsichtig auf die Probe gestellt. Wie sie Prüfung um Prüfung bestand, ist aller Bewunderung wert. Beispiel unbeirrbarer Charakterfestigkeit gab das Oberhaupt der Familie den Seinen, einer der größten Seehelden des Weltkriegs, der Tapfersten einer, U-Boot-Kommandant Georg von Trapp. Das ergreifende Erinnerungsbuch dieses Theresienritters „Bis zum letzten Flaggenschuß“ sollte bei uns jeder Heranwachsende lesen. Der Mann, der diese Geschichte des Endes der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine schilderte, versagte nicht wie so viele seiner Landsleute. Gewaltig trat an ihn die Versuchung heran. In den wirtschaftlich so verzweifelt kritischen Jahren nach 1930, als Deutschland zuerst plötzlich die Holzverträge kündigte und neue Abkommen mit Sowjetrußland schloß, als dann die Tausendmarksperre verhängt worden war, hatte Trapp, im Bemühen, einer in Nöte geratenen Privatbank in Salzburg ritterlich beizuspringen, sein gesamtes großes Vermögen verloren. Bitter beklagte er die drohende Not seiner Kinderschar. Es kostete ihn schwere Uberwindung, da die Seinen ihre daheim gepflegte Liebhaberei des A-capella-Gesanges nun zum Broterwerb verwerten mußten, während sein prächtiger Herrensitz zu Aigen bei Salzburg nur mehr mit Hilfe „zahlender Gäste“ erhalten werden konnte; Unter diesen Gästen war freilich auch, zur rechten Zeit gesendet, wie Gottes Segen immer wieder gnadenreich half, ein junger, musikgelehrter Kaplan, der Singen und Gesänge zu höchster Vollkommenheit entwickelte und der Kapellmeister des später weltberühmten Chors wurde. In diese sorgenvolle Zeit fiel die Besetzung Österreichs. Die Trapps beugten sich nicht, nicht einmal die kleinen Mädelchen. Die so früh singen gelernt hatten, sie preßten die Lippen zu und schwiegen, als in der Klasse die neue Hymne gelehrt wurde. Keine Drohung konnte sie bewegen, den neuen Gruß zu sagen oder auch nur die Hand zu heben. Nun aber setzte Verlockung um Verlockung ein. Das Marineministerium bot dem berühmten U-Boot-Kommandanten den Befehl über eines der nagelneuen riesigen Unterwasserfahrzeuge mit der Zusicherung an, „eventuell“ einen U-Boot-Stützpunkt in der Adria und später im Mittelmeer übernehmen zu können. Das dünkte die große Chance seines Lebens! Wieder seinen geliebten Beruf ausüben dürfen, aufs herrlichste ausgerüstet, mit all seiner Erfahrung. Sein erstes Boot war kaum vierzig Fuß lang gewesen, faßte zur Not fünf Mann und war ständig leck gewesen. Und nun! Aber Adria, Mittelmeer ... das bedeutete Krieg! Unter einer Flagge, die er ablehnte. Zur selben Zeit kehrte sein ältester Sohn, zum Doktor der Heilkunde promoviert, heim. Sogleich war ihm nach der Vertreibung der vielen nichtarischen Ärzte eine verantwortungsvolle Stellung an einem Wiener Krankenhaus angeboten worden; er aber lehnte ab, weil er sich zu Handlungen hätte verpflichten müssen, die ihm als einem Katholiken nicht möglich gewesen wären. Nun kam auch noch die verführerische Einladung: die Familie Trapp sollte als „Vertreter der Ostmark“ am Geburtstag „unseres geliebten Führers“ in München singen. Sie wußten wohl, daß ihr .Chormeister P. Wasner nicht hätte dirigieren dürfen, daß sie „Heil Hitler!“ grüßen und das „Horst-Wessel-Lied' singen müßten. Und doch wäre ihr Ruhm groß, eine Triumphfahrt durch das ganze großdeutsche Reich gewesen. Georg von Trapp rief seine Gattin, die beiden Söhne und die fünf Töchter aus erster Ehe zu einem Familienrat! alle waren sie eines Sinnes: lieber arm, aber in Ehren. Sie wußten, ihres Bleibens war nicht länger in der Heimat. Wagnis -' ber Wagnis galt es nun. Aber wie es ein Wunder war, daß dem einsamen und verwitweten Mann eine junge Novizin ins Haus geschneit kam, sein zartes jüngstes Töchterchen zu unterrichten, und dieses gütige, fromme und lebensfreudige Wesen die Herzen der ganzen siebenköpfigen Kinderschar für sich gewann, daß sie in einem heimlichen Kriegsrat beschlossen, der Vater müsse Maria Augusta heiraten, so kamen — trotz vieler harter Schicksalsschläge — der Gnadenwunder noch viele, seit 1938 die „Singende Familie“ mit dem „American Farmer“ in See stach. Schwere Kämpfe standen bevor. Gewaltige Strapazen mußten überstanden werden. Doch wenn die Not am größten schien, fanden sich gütige Menschen ein, half ein neuer Erfolg. Diesen großen Österreichern gegenüber zeigte sich auch Amerika groß; es ehrte den meisterlichen Gesang, der nie anderes bot als erlesenste Kunst. Stürme von Beifall umjubelten die Trapps und ihren P. Wasner. Nun schufen sie sich längst einen heimatlichen salzburgischen Bauernhof in der so ähnlichen Landschaft von Vermont, glückliche Ehen trösten für den Kummer um den nah dem neuen Heim bestatteten Vater, der katholische Glaube erstarkte in einem Gebiet, das ihn vorher nicht kannte, alljährlich strömen von überall her dankbare Menschen herbei, um in Cor Unum, dies der schöne Name des Familiensitzes, Singwochen des Lernens und der Freude zu verbringen. Maria Augusta Trapp hat voll tiefer Gläubigkeit und mit blühendem Humor den aufregenden Roman dieser Lebensreise niedergeschrieben, darin eines der unvergänglichsten und großartigsten Werke dieser ruhmgekrönten Familie bescheiden auf kaum acht Seiten dargestellt wird, ein Werk, dem unzählige Österreicher in härtester Nachkriegszeit Hilfe und Trost, nicht wenige das Leben verdanken. Im Jänner 1947 hatte der General der USA-Besatzung in

Österreich an die „Trapp Family Singers“ eine Schilderung des furchtbaren Nachkriegselends abgesandt mit der Frage ob sie nicht auf ihren Konzertfahrten etwas für Österreich tun könnten. Sogleich gründeten diese besten Österreicher die „Trapp Family Austrian Relief, Inc.“. Der Staatssekretär von Vermont besiegelte und verbriefte, daß diese „Gesellschaft“ Hilfe zu bringen bestimmt sei allen armen, den heimatlosen und den unglücklichen Menschen aller Nationen und Bekenntnisse in den USA und anderwärts, nicht auf Gewinn berechnet, sondern ausschließlich zu wohltätigen Zwecken. Von einer Küste zur anderen sammelten sie in allen Staaten nach jedem Konzert Lebensmittel, Kleidung und Geld. Wenn sie unter rauschendem Beifall ihre Bitte an das Publikum richteten, dem Lande zu helfen, das der Welt Haydn, Mozart, Schubert, Johann Strauß und das Weihnaditslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ beschert hatte, da türmten sich die Gaben und eine Fülle von Segen ergoß sich über unsere Heimat. Ceneral Col-lins und die' amerikanischen katholischen Armeekapläne in Wien und Salzburg, Colonel Nuwer und Major Saunders, halfen bei der Organisation des gewaltigen Werkes, mit Hilfe dessen in kaum zwei Jahren etwa 300 000 Pfund an Sendungen aller Art nach Österreich gelangten. Und noch immer ist kein Ende der Wohltaten. Wenn Maria Augusta Trapp im kommenden Sommer wieder den Boden der Heimat betritt, wie sie versprach, werden ihr und den Ihren tausende Herzen in stürmischer Dankbarkeit entgegenschlagen, Unzählige sie segnen, die großen Künstler von Weltruhm, die barmherzigen Wohltäter, die besten Österreicher.

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