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VON NEUEN BÜCHERN

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Die Stunde des Christen. Von Dr. Friedrich Heer. Amandus-Edition, Wien 1947.

Die verdienstliche Syimposionreihe bringt einen Vortrag, den Friedrich Heer vor der akademischen Jugend an der Wiener Universität gehalten hat. Doch ist der sprachliche Stil des Denkens alles andere denn akademisch. Es ist der Erfahrungsbericht eines Christen, der aus dem furchtbaren Erlebnis des Krieges heimkehrt und Rechenschaft legt über die christliche Existenz inmitten einer zerfallenden, an sich selbst irre gewordenen Welt. Mit Ernst und schöner Leidehschaft wird hier ein Bekenntnis zur „Stunde des Christen” abgelegt. Wer anders als er besitzt den Ariadnefaden, der jaus dem geistigen Labyrinth, der aus den Schutthaufen und Elendsruinen wieder in das Freie, wieder zum Menschen führt? Der Gegenstand bringt es mit sich, daß hier die bürgerliche Welt einer scharfen — freilich, wie uns manchmal scheint, etwas zeitgemäß zu scharfen — Kritik unterzogen wird. Aber der bleibende starke Eindruck dieses schmalen Beitrages ist doch der moralische Impetus, der Wille, von neuem zu beginnen und die Aufforderung, in einem wiedererrungenen Christentum das Fundament der Erneuerung der Kultur zu legen. Zweieinhalb Jahre nach Beendigung dieses Krieges, angesichts so vieler enttäuschter Hoffnungen, macht sich immer bedrückender die Erschöpfung bemerkbar. Friedrich Heers Appell an den Christen ist eine Schrift, die uns hoffen läßt, daß — wenn auch langsam und nicht im Lärm des Tages — neue Kräfte sich zu erheben beginnen, um einer verzweifelten Welt Trost Im unverlöschlichen Licht der ewigen Wahrheit zu bringen.

Tilmann Riemenschneider. Ein Gedenkbuch von Justus Bier, 6. Auflage, mit 112 Büdtafeln. Verlag Anton Schroll & Co. in Wien. Gebunden 28 Schilling.

Eine glückliche Fügung will es, daß von dem kostbaren Erbe der Kunst des Würzburger Meisters, in dem großen Brand der Stadt Würzburg von 1945, doch nur die Büsten der Frankenapostel vom Domhochaltar und die Dorotheen- und die Margarethenstatue der Marienkapelle verlorengegangen sind, ein Verlust, der freilich schmerzlich genug ist. Justus Bier, der verdienstvolle Durchforscher des Lebens und der Kunst Riemenschneiders, dieses großen deutschen Plastikers aus dem anbrechenden 16. Jahrhundert, hat die Bilder der zwei erstgenannten zerstörten Werke in der sechsten Auflage seiner an Text und Tafelbildern reichen Monographie festgehalten. Die hl. Dorothea war eine wahrhaft königliche Schöpfung. Abermals entrollt sich in dem schönen Bande eine Tafelreihe voll erhabener Schönheit. Ob man die Gestalten des Männerstädter oder von dem Rottenburger Altar, oder die Muttergottes vom Gramschacher Gnadenaltar betrachtet, immer zwingt diese tiefgläubige ausdrucksstarke Kunst zur Ehrfurcht. Bekanntlich bedeutet Riemenschneiders Schaffen eine neue Ära der Plastik, den Verzicht auf Gold und Farbe und ein Bescheiden mit der verfeinerten Formenklarhrit des bearbeiteten Holzes. E ie Ausstattung der neuen Auflage entspricht allen technischen Anforderungen an ein Kunstbuch.

Die Ernte. Erzählungen und Novelletten. Von Friedrich Sacher. Wiener Verlag, 1947.

Es sind kurze, auf den ersten Anblick hin anspruchslose Dichtungen, die Friedrich Sacher unter dem Sammeltitel „Die Ernte” in diesem Buch bietet. Er nennt sie Erzählungen und Novelletten, um damit den in einem kurzen Nachwort festgelegten Begriffsbestimmungen der Novelle und der Erzählung gerecht zu werden. Beginnt man aber zu lesen, spüren wir aus jeder Zeile die Überlieferung alter Kultur, jenes vornehme Feingefühl, das von Ferdinand von Saar über die Ebner-Eschenbach bis zu Ginzkey immer ein Vorzug echter österreichischer Dichtung war. Mag auch nicht jede der kleinen Arbeiten als gleichwertig gehen, so ist das ganze Buch doch ein feiner, reifer Erntekranz, wenn auch nicht aus einer stillen Zeit, so doch als Spiegelbilder friedlicherer Lebensschicksale. Behutsam werden die Dinge und Geschehnisse aas Licht gehoben, und selbst über dem einfachsten Begebnis schimmert noch dn Nachglanz des ewig Gültigen.

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