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Immer eine gerade Furche
Während der Jubiläumsfeiern des heurigen Jahres — 20 Jahre seit der Wiedererlangung der Eigenstaatlichkeit Österreichs und zehn Jahre Freiheit durch den Staatsvertrag — konnte man in Festreden immer wieder hören, daß die Österreicher nach 1945 im Gegensatz zur Situation nach dem Ende des ersten Weltkrieges an ihren Staat glauben und von seiner Lebensfähigkeit überzeugt sind.
Gewiß waren es in erster Linie die bitteren Erfahrungen von 1927, 1934 und der Verlust der Selbständigkeit zwischen 1938 und 1945, verbunden mit den furchtbaren Opfern des zweiten Weltkrieges, die diesen heilsamen Wandel bewirkten. Man darf bei dieser Betrachtung aber zwei Fakten nicht übersehen: das Beispiel der verantwortlichen Männer in allen Parteilagern, wie Renner und Raab, Böhm, Figl usw., und das Wirken der österreichischen Publizistik.
„Die Furche“, die vor 20 Jahren zum erstenmal erschien, hat den Weg, der damals von Friedrich Funder eingeschlagen wurde, in den vergangenen zwei Dezennien niemals verlassen. Schon die Wahl des Namens war ja ein Programm. Der beste Bauer zieht die geradesten Furchen; an Geradlinigkeit hat es bei der jubilierenden Zeitschrift niemals gefehlt. Viele andere Blätter haben in den vergangenen 20 Jahren ihren Namen oder das Format — in jeder Bedeutung des Wortes — geändert, „Die Furche“ ist immer Furche geblieben.
Und ging auch mancher Artikel unter die Haut, oder, was sicher auch vorgekommen ist, etwas über das Ziel hinaus, man hatte doch immer das sichere Gefühl, das geschah stets um der Sache willen. Eine Furche muß, soll die Saat gedeihen, aufreißen. „Die Furche“ hat dies im geistigen Feld Österreich durch 20 Jahre ehrlich getan. Der Leserkreis der jubilierenden Zeitschrift im In- und Ausland verpflichtet dazu, die Furchen für die geistige Aussaat und spätere Ernte möglichst tief zu ziehen.
Die ganze Welt befindet sich geistig und wirtschaftlich in einem gewaltigen Umbruch. In diesem gigantischen Wandlungsprozeß haben Zeitschriften wie „Die Furche“ ganz besondere Aufgaben zu erfüllen. Phrasen, Gemeinplätze und Oberflächlichkeit bedrohen trotz des technischen Fortschritts mehr denn jemals zuvor Meinungsbildung und geistige Entfaltung. Der Kampf dagegen ist eine oft unbedankte und verkannte Arbeit — fast eine Sisyphusarbeit; „Die Furche“ führt ihn seit 20 Jahren. Darum zum Jubiläum mein Wunsch: Noch tiefer die Furchen!
Landeshauptmann von Niederösterreich
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Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!