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Letzter Akt

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Auch eine Depesche lag vor.

„Vom Geschäft auf keinen Fall zurücktreten, aber Auftraggeber nicht nennen.“ Etc. etc.

Die Entspannung war aber schon eingetreten.

Montag, 4. April.

Gratz reiste mit dem konzipierten Manifest und der Unterschrift Sr. M., daß S. M. abzureisen gedenke, ab.

S. M. war gefaßt.

Er äußerte sich mir gegenüber:

„Ich durchschaue die ganze Mache. — Aber wenn man schließlich von Budapest aus die Kleine Entente förmlich bittet, anzugreifen, und erklärt, daß wir gar keinen Widerstand leisten wollen, so muß ja der Angriff erfolgen und ich muß nachgeben.“

Dann schien S. M. zu schwanken.

„Wenn man mich doch getäuscht hat, die Gefahr für das Land gar nicht besteht, dann brauche ich doch nicht abzureisen.“

„Sie haben mir doch selbst zur Unterschrift geraten.“

Ich antwortete: i

„Nein, Majestät.“

„Ich hielt die Zeit für diesen so weittragenden Entschluß noch nicht für gekommen. — Nachdem jedoch Eure Majestät unterschrieben haben, bleibt nichts anderes übrig, als abzureisen.“

„Sie haben recht, ich muß konsequent bleiben.“

S. M. sagte dies alles so voll Fassung und innerer Würde, daß ich die Selbstbeherrschung bewunderte.

Dienstag, 5. April.

Zeitlich früh kamen zwei Schweizer an, sie hatten die Strecke Zürich—Wien im Hugzeug zurückgelegt und waren dann per Auto nach Szombathely gekommen. — Sie brachten Sr. M. Depeschen mit dem gleichen Inhalt:

„Aushalten, nicht das Land verlassen, vollste Unterstützung wird zugesagt. — Der Auftraggeber darf aber nicht genannt werden.“

Wieder der gleiche Inhalt, aber kein Dokument, keine Anhaltspunkte, aus denen heraus die Situation hätte geändert werden können.

Ich hoffte, daß Sr. M. eine Ehrenkompanie, die ihm unzweifelhaft gebührt, beigestellt werden würde.

Hegedüs hatte aber nicht den Mut, meinen diesbezüglich gegebenen Befehl auf eigene Verantwortung aufrechtzuerhalten, sondern beim Honvedminister angefragt, der selbstverständlich verneinte!

Ich hatte noch eine lange Abschiedsaudienz. — S. M. sprach nur noch von der Zukunft. — Auch jetzt hatte er kein bitteres Wort, über niemand. — Aber ich entnahm seinen Worten, daß er sich keinen Illusionen mehr hingab, über niemand.

Um 10.15 Uhr empfing mich S. M. noch einmal. — Wir hatten beide Tränen in den Augen. - Dann,am.die Fahrt zum Bahnhof.

Sigray begleitete S. M. bis Fehring.

Mir hatte man verboten, an der Fahrt zum Bahnhof teilzunehmen. Ich empfand diese kleinliche Ranküne als Wohltat.

Ich blieb allein im bischöflichen Palais zurück.

Die Einzelheiten des Abschieds schilderte wahrheitsgetreu die „Vasvärmegye!“ Allen übrigen ungarischen Zeitungen wurde verboten, darüber zu schreiben!

Der Restaurationsversuch des Königs war gescheitert.

Ich gab telegraphisch meine Demission.

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