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Porträt eines Kaisers

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FRANZ JOSEPH I. An der Wende vom alten rum neuen Europa. Von Alexander Novotny. Musterschmidt-Verlag, Göttingen, 1968. 108 Seiten, 8 Bilder. Preis DM 5.80.

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FRANZ JOSEPH I. An der Wende vom alten rum neuen Europa. Von Alexander Novotny. Musterschmidt-Verlag, Göttingen, 1968. 108 Seiten, 8 Bilder. Preis DM 5.80.

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Di „Biographische Reihe“, in der bereits Karl V. und Maximilian I. erschienen sind, bringt nun im 46. Band Franz Joseph I. So begrüßenswert Kurzbiographien sind, so nachteilig ist es, daß dieselben den Text mit etwa 100 Seiten begrenzen, wodurch bei aller Kunst der Verfasser doch oft wesentliche Ereignisse nicht zur Geltung kommen können. Alexander Novotny meistert diese Schwierigkeit weitgehend und bietet einprägsame Schilderungen des 86jährigen Lebens und der 68jäh- rigen Regierung des letzten großen Monarchen Europas, von dem die Nachwelt behauptet, „daß es bis zur Gegenwart keinen Staat gebe, der so gerecht, so tolerant und den damaligen Verhältnissen entsprechend so modern regiert wurde, wie Österreich-Ungarn in franzisfeo-josephini- schier Zeit“. Die Schwierigkeiten der Verfassungsentwicklung, der Innenpolitik, des Ausgleiches mit Ungarn und der Konkordatsfragen finden eine sachlich-verständliche Wiedergabe in Querschnitten, die zwar noch nicht überall endgültig sein können, aber doch richtige Vorstellungen von einer der wichtigsten Epochen der österreichischen (ungarischen) Geschichte ermöglichen. Weniger bewanderte Leser werden es bedauern, daß es dem um unsere Geschichte hochverdienten Autor aus Raumgründen verwehrt blieb, zum Beispiel die Vilägoser Justifizierung auf den Eidbruch der k. k.-Offlziere zurückzuführen oder die Niederlage von Köndggrätz durch die vom Reichsrat betriebene Armeeabrüstung mit Verhinderung einer Neubewaffnung der Infanterie näher zu begründen, auch darauf hinzuweisen, daß Benedek aus eigenem Entschluß die Ihm anbefohlene Rechtfertigung verweigerte. Sehr vorteilhaft ergänzt Novotny die Kritik der Wiener Krimkriegpolitik durch die Erinnerung an die oft übersehene russische Drohung am Balkan, er stimmt derart jenen Historikern zu, die zu Österreichs Politik keine Alternative sehen. Was noch die Bestattung des Thronfolgerpaares betrifft, wissen wohl nur wenige Österreicher, daß Erzherzog Franz Ferdinand noch zu Lebzeiten die Artstet- tener Gruft baute, um nicht bei den Kapuzinern beigesetzt zu werden, mit Recht bemängelt aber der Verfasser das Vorgehen des Öbersthof- meiisteramtes bei der Überführung der Leichen. Es ist übrigen interessant, daß gerade viele der prominentesten Habsburger nicht in der Kapuzinergruft ruhen. Die wohlgelungene Biographie zeigt eine praktische Lebenstafel und nennt die wichtigste Literatur. Es ist zu wünschen, sie möge bald in erweiterter Auflage als Doppelband erscheinen.

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