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Sender und Hörer

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Die bedeutende Leistung, welche die wissenschaftliche Abteilung der Ravag zu vollbringen hat, kommt dem Hörer kaum deutlich zu Bewußtsein; sie wird allzu leicht von den musikalischen Sendungen, den Reportagen und Hörspielen übertönt. Immerhin wird man sich von dem Umfang ihrer Arbeit einen Begriff machen können, wenn man erfährt, daß jene Abteilung im Laufe eines Vierteljahres rund tausend verschiedene Sendungen buchen kann. In ihr Ressort fällt die abstraktphilosophische Behandlung komplizierter Themen ebenso wie Jugendstunden oder populärwissenschaftliche, dem einfachsten Fassungsvermögen angepaßte Sendungen; sie darf überdies an keinem wichtigeren aktuellen Ereignis vorübergehen.

Man hat es hier mit besonderen Schwierigkeiten zu tun, denn selbst der aufmerksamste Hörer ermüdet, wenn ihm ein längerer Vortrag aus dem Radio entgegentönt; also sieht sich die wissenschaftliche Abteilung gezwungen, ihre Sendungen nach Möglichkeit aufzulockern, soweit dies mit dem guten Geschmack zu vereinbaren ist — sei es, indem sie musikalische Zäsuren einschaltet, Dialoge oder ganze Hörspielszenen einflicht oder auch das Manuskript von mehreren Sprechern lesen läßt, was übrigens der angenehmste und diskreteste Ausweg sein dürfte.

Daß das Ravagreferat, von dem hier die Rede ist, auch hohe Ansprüche zu erfüllen bereit ist, beweist die Einrichtung einer Radiohochschule, die nunmehr in ihr drittes Trimester geht und allen Erwartungen widersprechend, trotz ihrer ungünstigen Sendezeiten um 22.20 Uhr überraschend großen Anklang gefunden hat. Diese Sendung, die übrigens in Zusammenarbeit mit der Wiener Akademie der Wissenschaften zustande kommt, soll — ohne exklusiv zu sein — im besonderen den wissenschaftlichen Kräften unseres Landes Gelegenheit zur Mit- und Aussprache gewähren. und überhaupt die Leistungen unserer Gelehrten und den österreichischen Gedanken betonen. Zu bemerken ist ferner, daß die Radiohochschule bis jetzt eigentlich die einzige Sendung ist, die über das gesamte Bundesgebiet ausgestrahlt und von jeder österreichischen Station übernommen tfird.

Unter den anderen, rein wissenschaftlichen Sendungen sind die „Wissenschaftlichen Kurznachrichten“ hervorzuheben, die künftighin „Wissenschaftliche Berichte" heißen werden und die ab jetzt den Ereignissen jenseits unserer Landesgrenzen ein besonderes Augenmerk zuwenden wollen — sie sind zweifellos eine schätzenswerte Informationsquelle für jeden an wissenschaftlichen Dingen Interessierten. Das „Wissenschaftliche Buch“ wird laufend Besprechungen wichtiger Neuerscheinungen bringen; wir wollen hoffen, daß sie ein wenig lebhafter ausfallen werden, als dies bis nun bei den entsprechenden Sendungen der Fall war. Kunst- und Filmkritik, letztere in Dialogform, werden im Herbstprogramm keinen Veränderungen unterliegen und sie haben solche auch kaum notwendig; unser Wunsch, daß den bildenden Künsten etwas mehr Zeit gegönnt würde, dürfte nicht in Erfüllung gehen. Vermerkt soll noch werden, daß an Stelle der „Alliierten Stunde“, die vermutlich nicht allzu viele Hörer gehabt haben wird, eine neue Sendung, „Das ist mein Österreich", tritt, die den Ergebnissen österreichischer Gelehrtenarbeit gewidmet sein wird.

Einem Wunsche schließlich, den die Ravag an die Hörerschaft richtet, wird sich auch die Kritik anzuschließen haben: daß nämlich der Rundfunkteilnehmer seinen Apparat nicht einfach bei Sendebeginn ein- und am Abend kurzerhand ausschalte und seinen Tag vor einer Geräuschkulisse verbringe, deren Nuancen und Unterschiede ihm kaum zu Bewußtsein kommen, sondern daß er sich sein Programm nach eigenem Ermessen und Geschmack selbst zusammenstelle, was in Anbetracht der zwei Sender, die nebeneinander in Betrieb sind, gewiß nicht schwerfallen dürfte.

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