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Sender und Hörer

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Die Unterhaltungssendungen der Ravag bewegen sich auf unterschiedlichem Niveau — bisweilen sind sie überraschend vergnüglich und launig, nicht selten hingegen lieblos gemachte Lückenbüßer, die zwischen wichtigere Sendungen gestopft werden. Uber jene Stunden allerdings, in denen ein Kabarett- oder Brettlprogramm abgespielt wird, gibt es leider keinen Zweifel: sie sind Woche für Woche gleich langweilig und unerfreulich.

Nehmen wir als Beispiel die Mittwochabendsendung, die sich sehr zu Unrecht „Kapriolen“ nennt — ein Titel, der eine pausenlos abrollende Folge von witzigen Ein- und Ausfällen, verblüffenden Gags und Blackouts, satirischen Glossen und heiteren Randbemerkungen erwarten ließe. Wir wollen es aufzählen, was für die meisten dieser Sendungen gilt: da treten junge Damen auf, die aus Schlagern und Songs höchst kunstvoll einstudierte Dramolette zu machen bestrebt sind und nicht wissen, daß alberne Texte nur dann erträglich sind, wenn sie als leid)te, nachlässig gesungene Improvisationen erscheinen; ihnen folgt ein Haushumorist der Ravag, dessen Humor in Witzen über die Staatsvertragsverhandlungen gipfelt und der nach viel zu langer Zeit seine Stelle einem gleichfalls humoristischen Duett einräumt, dessen Humor neuerdings auch in Quodlibets über den Staatsvertrag Triumphe feiert. Worauf wieder eine Chansonette mit Burgtheaterpathos die Tatsache mitteilt, daß ihr Teddybär lange Ohren hat, und ein anderer Komiker abwechslungshalber versucht, nicht aus den Staatsvertragsverhandlungen, sondern aus zweideutigen Dingen humorvolle Essenzen zu ziehen.

Und dazu die Pausen, diese überflüssigen leeren Stellen zwischen einzelnen Piecen, diese Verzögerungen! Kabarett und Brettl sind nun einmal — das ist nicht bös gemeint — Asphaltpflanzen, und sie müssen ohne Tempo, das auf großstädtischem Asphalt zu Hause ist, elendiglich verkümmern. Muß denn wirklich ein langsam sprechender Conferencier vor jeder Nummer Nam’ und Art des Auftretenden, der begleitenden Kapelle, ihres Kapellmeisters, ihrer Solisten verkünden? Und ärger noch, muß er es nachher auch noch tun? Muß er es tun, als hätte er Sensationen zu verkünden? Muß er unbedingt aus Schlagertiteln Prosagedichte machen wollen? Es müßte genügen, würde'man zu Beginn und

Ende der Sendung die Namen der Mitwirkenden auf einmal aufzählen und in der Zwischenzeit den Hörer damit verschonen.

Dies alles gilt ebenso für eine andere Sendung, für „W i r laden ei n“, am Samstagabend, die wenigstens hie und da einen halbwegs gelungenen Sketch bringt, diesen Vorzug aber wieder durch grobe Schnitzer wettzumachen versteht, wie kürzlich durch einen völlig verfehlten Vortrag Morgen- sterAscber Galgenlieder, die eine bessere und weniger dilettantische Interpretation verdient hätten. Zu bewundern war in diesem Fall nur die Geduld des Publikums, das im Funkhaus anwesend war und ohne sonderliche Munterkeit nach jedem Stück den mäßigen Beifall spendet, zu dem es der Sprecher und die absichtlich ausgedehnten Zwischenpausen aufforderten.

Mittwoch für Mittwoch, Samstag für Samstag, Woche um Woche dasselbe. Gelegentlich tritt etwas angeblich „H e i t e r e s vom Land“ oder die Sonntagnachmittagssendung „Für Stadt und Land“ — ein Skandal fürsich! — in dieselben Fußtapfen, selten einmal macht ein „K u n- terbunt am Wochenende“ die regelbestätigende Ausnahme. Kurz und gut, die Sendungen dieser Art, die doch wie keine anderen geeignet wären, allen Radiohörern Freude und Vergnügen zu bereiten, liegen unter dem Niveau, das die Ravag zweifellos einzuhalten bemüht ist.

Es könnte nicht schwerfallen, hier Abhilfe zu schaffen. Die guten Geister der Wiener Kleinkunst haben schließlich unsere Stadt noch nicht verlassen; mit ein wenig Sorgfalt könnte man sie in der Argentinierstraße heimisch machen. Es würde sich lohnen, diese Sendungen sorgfältiger vorzubereiten, sie den Händen einer Regie zu übergeben, die für Tempo und Geschmack sorgt, die sich, wenn es schon nicht anders geht, an ähnlichen Sendungen italienischer, deutscher oder selbst westösterreichischer Stationen ein Beispiel nimmt. Man wechsle einmal das Schema, nach welchem diese Programme zusammengestellt werden, gebe neuen .Kräften eine Chance — und wer weiß, ob das Ravagkabarett nicht zu eįnem richtigen Schmuckstück der Sendefolge werden könnte. Witz und Laune haben, gut gebracht, sicherlich noch niemanden bewogen, den Lautsprecher abzuschalten, wenn der Sprecher ein Rundfunkbrettl ankündigt.

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