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Alte und neue Lieder

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Mit nur ganz selten gehörten Kompositionen von Dietrich Buxtehude und Heinrich Schütz bot ein Abend des Collegium Canticorum erlesene Kammermusik des 17. Jahrhunderts. Von den durchwegs noch unfertigen Singstimmen ist Hellesnes am sichersten in der Beherrschung ihrer Mittel und der stilistischen Gegebenheiten, während Trinidad Paniagua das musikalischere Temperament ist, wenn auch subjektiver gefärbt und den Kammerton meist übertönend. Gemeinsam mit Gerlinde More, Robert Kaindls- torfer und Nikolaus Simkowsky kam es zu sehr ansprechenden gesanglichen Leistungen, die von zwei Violinen (Erich Binder und Udo Zwölfer) sehr sauber und diszipliniert, nur leider viel zu laut unterstützt wurden. Sehr brav war Christa Roth (Cello), die stets die richtige Dosierung fand. Zentrum und Seele der Wiedergabe die Cembalistin Gertrud Schmitzer, auch in ihren beiden Solodarbietungen von Pachelbel und Froberger. Für einen von den Zuhörern sehr animiert aufgenommenen Abend konnte sich mit den Ausführenden der Leiter des Collegium Canticorum, Professor Lajos Sza most, bedanken.

Mit dem Orchester der Wiener Sym phoniker und dem Chor der Singakade mie führte Heinrich Hollreiser Händels Oratorium. „Der Messias” auf. Die Soli sten Elisabeth Ebert, Ruth Hesse, Rober Ilosfalvy und Williams Pearson überbo ten an geistig profilierter Leistung di etwas ungleiche stimmliche (zweifello: besser so als umgekehrt!); an der Spitz wären wohl Alt und Tenor zu nennen Das Hauptgewicht des Abends aber hatti der Chor zu tragen und er bot eine vor bildliche Leistung. (Einstudierung Profes sor Gillesberger.) Von den Instrumenta listen sind vor allem Franz Falter an Cembalo und Josef Nebois am Orgelpo sitiv zu nennen und zu loben, ebenso de nicht genannte Solotrompeter, währen

das Orchester, namentlich die Streicher, an Präzision und Dynamik gegen die gesanglichen Leistungen mehr als einmal zurückblieb und anscheinend nicht seinen besten Tag hatte.

In ihrem Nicolai-Konzert gedachten die Wiener Philharmoniker des 10. Todestages von Wilhelm Furtwängler. Die Mitwirkenden bei dieser Aufführung von Beethovens IX. Symphonie waren der Singverein sowie die Solisten Wilma Lipp, Hilde Rössel-Majdan, James

Im Museum des 20. Jahrhunderts gab Maya Weis-Ostborn, von Josef Maria Horvath am Flügel begleitet, einen Liederabend. Dieses Konzert war nicht nur wegen der selten zu hörenden Zyklen interessant, sondern auch durch die Zusammenstellung im höchsten Grade instruktiv. Der älteste der Komponisten, Max Reger, ist 1873 geboren, der jüngste, Karol Szymanowski, 1883. Dazwischen liegen Schönberg (1874) und Bart6k (1881). Die Entstehungszeit der betreffenden Liederzyklen rückt die vier Meister in noch engere Nachbarschaft. So erweist sich Reger in seinen fünf Liedern aus op. 70 als direkter Vorfahre von Schönbergs vier Liedern aus op. 6 mit dem gleichen Entstehungsjahr 1903. In Bartöks Ady-Ge- sängen op. 16 ist die Form zwar freier, rhapsodischer, doch die hochromantische Grundstimmung ist dieselbe. Und Szymanowski, von dessen Herkunft aus dem französischen Impressionismus man immer wieder lesen kann, zeigt hier, in den vier Gesängen op. 41 den überwiegenden Einfluß der „deutschen Schule”, vor allem Wagners und Regers (was bei ihm nach Skrjabin klingt, hat ja die gleiche Wurzel). Die Titel der einzelnen Lieder aus den Zyklen der vier Komponisten kann man beliebig austauschen. Da gibt es „Tränen” und „Herbsttränen”, da ist man „Verlassen” oder „Mit dem Meer allein”, da ruft das Totenbett oder es wird ein „letztes Lied” gesungen. In der Klavierbegleitung herrschen ein schwelgerischer Chromatismus und die raffinierteste Modulationskunst, mit stets hörbarem tonalem Zentrum (von dem sich Bartök in seinem frühen Opus 16 am weitesten entfernt). Die Interpretin der durchweg schwierigen Gesänge zeigte hohe musikalische Intelligenz, künstlerischen Ernst und absolute Treffsicherheit.

Registriert sei wenigstens ein von Ernst Märzendorfer geleitetes Konzert im Großen Sendesaal des Österreichischen Rundfunks mit Werken von Schönberg, Berg und Webern, die an dieser Stelle bereits besprochen wurden.

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