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Das Musikfest begann mit dem „Zauberwort”

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Mit kurzen Ansprachen des Präsidenten Dr. h. c. Mautner Markhof, des Bürgermeisters der Stadt Wien und des Unterrichtsministers wurde am vergangenen Sonntag das 9. Internationale Musikfest F eingeleitet. Hauptwerk des Abends war die nach einem Libretto der Colette geschriebene Ballett- Oper „L’e nfant et les sortileges” von Maurice Ravel. Es ist die. Geschichte von dem unartigen Kind, das nicht lernen will, die Gegenstände seines Zimmers mißhandelt, die Katze am Schwanz zieht und das Eichhörnchen mit der Schreibfeder sticht. Plötzlich beginnen die mißhandelten, Dinge zu . leben und sich zu rächen, das Kind gerät in große Not, bis es das Zauberwort „Maman” sagt — und der Spuk sich beruhigt. Ravel hat seine ganze Kunst an diese Partitur gewendet und ihre Gestalten und Episoden mit einer differenzierten, phantaäievollen Musik ausgestattet, die zart und heftig; grotesk und heiter, far big und trocken, spontan und - wohlüberlegt ist. Häufig benützt er auch Formen der Tanzmusik um 1925, als das Werk in, Monte Carlo uraufgeführt wurde. Die Konzerthausgesellschaft hatte für die Erstaufführung dieses so gut wie unbekannten Werkes ein Riesenensemble, bestehend aus acht Solisten, dem Akademie-Kammerchor, den Wiener Sänger-1 knaben und den Symphonikern aufgeboten, die unter der Leitung von. Lorin; Maäzel musizierten, der das ganze Stück auswendig dirigierte. — Als zweites Werk von Ravel stand „Daphnia und Chloe”, 2. Suite, auf dem Programm, deren Anfang — das Rieseln des Taüs in der Morgenröte und die ersten Vogellaute — wir schon feiner und poetischer gehört haben. Dagegen gelangen das Finale dieser effektvollen Ballettmusik, die „Danse generale”, und Strawinskys symphonische Dichtung „Le chant du rossignol” (nach der gleichnamigen Oper) sehr eindrucksvoll. Dieses Werk wurde als Ersatz für die ursprünglich vorgesehenen „Noces” von Strawinsky aufgeführt — ein picht ganz befriedigender Tausch, da sich in diesem Konzert, das mit Joseph Haydns Ouvertüre zu „Orpheus und Eurydike” eingeleitet wurde, zu viel programmusikalische Stücke geboten wurden, die sich gegenseitig ein wenig im Licht standen. Lebhafter und langanhaltender Applaus des festlich gestimmten Publikums für alle Ausführenden.

Das letzte Konzert. im Zyklus „Die große Symphonie” leitete Sir Malcolm Sargent, der ein typisch englisches Programm servierte. Sowohl Edward Eigar („Introduktion und Allegro” op. 47) wie Jan Sibelius (II. Symphonie) und Tsc’haikowsky gehören in der angelsächsischen Weit zu den beliebtesten und meistaufgeführten Komponisten. Die bereits 1902 uraufgeführte II. Symphonie von Sibelius fesselt durch stimmungsvolle Partien und ermüdet durch ausgedehnte Leerläufe, zu denen man leider auch die lautstarke Schlußapotheose zählen muß. — Der junge französische Geiger Christian Ferras spielte das effektvoll-sentimentale Violinkonzert von T schaikowsky mit vollendeter Virtuosität und jerier Distanz, die von seinem guten musikalischen Gęschmack ebenso Zeugnis Emotion gearbeiteten Stück zugutekommt. Als Sibelius-Inferpret zeigte sich Sir Malcolm Sargent nicht nur mit der Partitur bestens vertraut, sondern vermochte auch, mit dem Orchester der Wiener Symphoniker feine klangliche Nuancen und bedeutende klangliche Entfaltung zu erzielen.

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