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Die Musik hatte Vorrang
Im Rückblick auf die erste Hälfte der Theater- und Konzertsaison Salzburgs, erscheint die erste Opernpremiere als ein Wagnis, das musikalisch vollkommen, darstellerisch nur teilweise gelang: Beethovens „Fidelio“. Opernchef Mladen Basic, der etwa zur gleichen Zeit mit einer überzeugenden, bei aller Durchgeistigung der Werkerfassung dennoch großartig unmittelbaren Darstellung von Bruckners 4. Symphonie seine Spannweite bewies, dirigierte mit wachsender Überzeugungskraft und Deutungskunst einen „Fidelio", der in der eingeschobenen großen Leonoren-Ouvertüre seinen Höhepunkt erreichte. Von den Sängern bot auch darstellerisch der neugewonnene Kunikazu Ohashi einen RoccO, der daraus wie nur ganz selten auch einen Charakter und eine Rolle gestaltete. Kurt Seywald als Florestan überraschte mit beinahe Patzakschem Schmelz seiner Stimme. Das Bühnenbild Wolfgang Vollhards zeigte klassische Einfachheit. Hingegen verirrte sich die Regie Stefan Zadeians bis zu Sentimentalitäten, und der Gefangenenchor gelang weder in der Szene noch im Gesang.
Musikalisch war auch Gounods „M argaretle“ ein Feuerwerk der Klänge, Tönungen und Melodien. Ohashi bestätigte seinen Erfolg als Rocco diesmal als Mephistopheles durch die klare Kraft seiner Stimme. Hinzu kam die Überraschung durch William Holley als Faust, der vor allem durch die Schönheit seiner Gesangslinien auffiel, nicht nur durch seinen männlichen Tenor. Patricia Hyde- Thomas’ „Margarethe“ schien etwas zu herb-deutsch angelegt. Die schummrigen Projektionen und Andeutungen des Bühnenbildes Vollhards lagen diesmal nicht auf der Linie seiner Kunst. Curt Hampe führte dazu eine Regie der Zweckmäßigkeit. die aber die Statik der Oper nicht ganz überwand.
Die Operette brachte als Neueinstudierung bisher nur Heubergers „Opern- ball“ in einer recht frischen Inszenierung des Intendanten Fritz Klingenbeck mit manchen guten darstellerischen und da und dort auch gesanglichen Leistungen.
Das große Schauspiel glückte bisher nicht recht. Denn Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ gelang letztlich aus Mangel an nicht mehr gelernter Sprechkultur und richtigem Pathoj doch nur unvollkommen. Die Regie (Klaus Heydenreich) kann das Wortkunstwerk nicht ersetzen. Dennoch war die Gestaltungskunst aus der Wurzel der Psychologie besonders von Eduard Cosso- vel (Shvlock) und von Cornelia Oberkogler (Porzia) nicht ohne starke Wirkung.
Auf der Studiobühne kam das Drel- Personen-Stück „Die Tage des Menschen sind wie der Wind“ von Harry G r a n 1 c k heraus. Es war eine beachtliche schauspielerische Leistung Volker Krystophs, Maria Valentas und Karl Csemys, der auch Heydenreichs Regie voll entsprach. Amerikanische Psychologisierung, nicht ohne reißerische Züge, durchzieht den kargen Inhalt de kleinen Spiels.
Das alte Aschenbrödelthema, reizend neu von Barry Conner in seiner „Pats y aufgemacht, brachte den unterhaltsamen Erfolg der Kammerspiele, den freilich ebensosehr die Spielfreude, vor allem Dietlind Macher als Patricia, mitentschied. Die Regle Klaus Gmeiners rundete heiter karikierend die Spielkunst ausgezeichnet ab.
Die Uraufführung von Karl P e d u z z 1 s „Paracelsus ließ wohl kein neues Drama entdecken. Es ist, als ob das Drama geradezu vermieden wäre, so sehr fehlen Entwicklungen und Höhenunkte. Es bleibl am Ende eine epische Show, nicht ohne Tiefe, ein wenig schulmeisterlich rührend voller fühlbarer Hilfsmittel, die die Regie Klaus Heydenreich noch überbetont,
Eduard Cossovels Paracelsus ist dennoch eine ganze Leistung in allen Farben dieses Menschenlebens. Dieses szenische Epos läßt nicht in sich selbst Paracelsus erkennen, aber es führt zu ihm hin. Wenn man sich bescheidet, mag das genug sein.
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