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Mario Rossi und Christian Ferras

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Der Römer Mario Rossi, Jahrgang 1902, ist unter den italienischen Meisterdirigenten der unitalienischeste. In den Jahren 1926 bis 1936, als er in der Eigenschaft als Assistent von Molirari- Pradelli am Augusteo wirkte, gastierten dort Furtwängler und Klemperer, Bruno Walter und Mengelberg. Damals mag er mehr deutsche als italienische Musik gehört haben, und mit der italienischen Oper bekam er relativ spät zu tun. Sein symphonisch gebildeter Geschmack veranlaßt ihn (der seit 1946 Direktor des Radioorchesters von Turin ist) beim Dirigieren von Verdi, Puccini und anderer Veristen, immer wieder zu dämpfen, die Kantilene nicht allzu ekstatisch ausschwingen zu lassen, auf gleichwertige Behandlung von Orchesterpart und Singstimme zu dringen und damit gewissermaßen an den Werken seiner Landsleute „nationale Selbstkritik“ zu üben. Dagegen ist seine Schumann-Interpretation seit vielen Jahren als authentisch bekannt. In dem von ihm geleiteten 2. Konzert des Zyklus „Die große Symphonie“, das die Wiener Symphoniker ausführten, bildete daher auch Schumanns Vierte den zweiten Teil des Programms.

Das Konzert wurde mit Bartoks „Divertimento für Streichorchester“, aus dem Jahre 1936, eröffnet, das wir während der letzten zehn bis fünfzehn Jahre schon leichter, duftiger, temperamentvoller und exakter musiziert gehört haben. Da und dort fehlte es an der vorletzten Feile. Hingegen gelang dem Dirigenten und dem Solisten Christian Ferras das romantisch-pompöse Violinkonzert von Jean Sibelius (zwischen der zweiten und dritten Symphonie entstanden, mehrfach umgearbeitet und 1905 in der Letztfassung von Richard Strauss in der Berliner Singakademie aus der Taufe gehoben) wesentlich besser, ja man kann sagen: in exemplarischer Interpretation. Das umfangreiche, dreisätzige Werk ist, was Stil und Aussage betrifft, weniger profiliert als manche Symphonien oder symphonische Dichtungen von Sibelius. Allzu eifrig schien der Autor auch bestrebt, es dem Solisten recht zu machen

md einen besonders schwierigen und drtuosen Geigenpart zu schreiben. Das geht hier auf Kosten der Eigenart und ier Form. Doch gibt es auch in diesem Werk, wie immer bei Sibelius, Stellen ion großem poetischem Reiz und von dra-

natischer Durchschlagskraft. Der zigeu- terische Anfang erinnert den Hörer an lie Verwandtschaft zwischen Finnen und Ungarn. Dieser Eindruck wurde durch len wie ein Primas fiedelnden und ausübenden Ferras (der seit neuestem einen Schnurrbart trägt) noch verstärkt. Ohne trillant zu wirken, wurde Christian Fer- as mit allen diesen vertrackten Schwierigkeiten des Soloparts gewissermaßen ipielend fertig — und bewahrte immer leinen ungewöhnlich schönen, großen und toblen Ton. Entsprechender Beifall für alle Ausführenden.

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