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„Pacific“ und viel neue Musik
In einem gemeinsam von der Konzerthausgesellscnaft und dem österreichischen Rundfunk veranstalteten Konzert spielte das Rundfunkorchester unter Leitung von Milan Horvat „Meisterwerke des 20. Jahrhunderts“. Mit Arthur Honeggers „Pacific 231“ brauste man gleichsam ins Jahrhundert hinein. Die Komposition hat ihr Vorbild, die Lokomotive Pacific 231 (die durch die elektrischen Maschinen längst überholt ist), sieghaft überdauert und ist noch immer von zwingender Wirkung. Anfahrt, Geschwindigkeit und Bremsung werden durch eine komplizierte rhythmische Technik fast plastisch ausgedrückt, ohne die musikalische Form (figurierter Choral) zu opfern. Der „Schwanen-dreher“ von Paul Hindemith, ein Konzert nach alten Volksliedern für Bratsche und kleines Orchester, eines der apartesten und einfallsreichsten Werke des Meisters, tat seine unmittelbare koloristische (und kontrapunktische) Wirkung, obwohl der Solobratschist Ron Golan seinen Part zwar sauber, aber ziemlich unproflliert absolvierte. — Aus seiner Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ hat Serge Prokofieff eine Suite zusammengestellt, aus der drei Sätze hier geboten wurden: „Die Sonderlinge“, „Marsch“ und „Scherzo“. Diese echt russische, manchmal wilde, im ganzen jedoch liebenswürdige Musik hat sich längst das internationale Publikum erobert und von dieser Eroberung bis heute nichts eingebüßt. — Bela Bartdks Konzertsuite aus der Pantomime „Der wunderbare Mandarin“ wurde in ihrer Ausdrucksintensität zum Hauptstück des Programms. Die Dichte der musikalischen Substanz und die Anschaulichkeit ihrer Thematik läßt die Szene entbehren. — Das Programm des Abends hatte vollen Erfolg, der zum entscheidenden Teil an der straffen und umsichtigen Führung des Dirigenten und dem dadurch erreichten Niveau der Wiedergabe lag. Das Orchester war glänzend in Form.
Glänzend in Form war auch das Scottish National Orchestra, das im Großen Musikvereinssaal unter der Leitung von Alexander Gibson konzertierte. Exaktheit von Spiel, Intonation und Disziplin sind vorbildlich. Wenn die Wärme des südlichen Streicherklanges fehlt, ist der helle Ton der hohen und der satte der
tiefen Bläser auffallend, ebenso die (von weiblichen Händen ausgehende) Energie der Paukenschläge. Das Konzert begann mit der .ßinfonia da Requiem“ von Benjamin Britten. In drei miteinander verbundenen Sätzen schildert der Komponist (ohne liturgische Bindung) Trauer, Gericht und betendes Gedenken. Musikalisch gesehen, ist die Form der alten „Sin-fonia“ gewählt in ihrer französischen Version und erreicht durch thematischen Zusammenhang eine klassische Geschlossenheit. Solistin des folgenden Konzerts für Violoncello und Orchester, op. 129 von Robert Schumann war die 22jährige Jacqueline du Pri; sie meisterte ihren Part in wilder Entschlossenheit Der Kampf mit dem Cello wurde gewonnen. Das Werk, dessen Uraufführung 1868 der Komponist nicht mehr erlebte, wird zu Unrecht sehr selten aufgeführt. Es erfordert allerdings neben dem virtuosen auch ein reifes musikalisches Können, das im symphonischen Geschehen seinen Ausdruck findet. Mit einer brillanten Wiedergabe der IV. Symphonie von Peter Iljitsch Tschaikowsky schloß der mit besonders animiertem Beifall bedankte Abend.
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