6566518-1949_50_10.jpg
Digital In Arbeit

Sakralwerke im Konzertsaal

Werbung
Werbung
Werbung

Beethovens Missa solemn is, in ihrer Monumentalität den liturgischen Rahmen sprengend, bedarf zu ihrer Entfaltung nichtsdestoweniger des gottesdienstlich inspirierten Geistes und bleibt, da dieser im Konzert kaum erreicht wird, auf ihre ora- torische Wirkung allein beschränkt, ein Torso. Auch die Wiedergabe unter Dr. Karl Böhm (Symphoniker-Singakademie-Schubert- bund) kam darüber nicht hinaus und war der Riesenmesse, obgleich sie stellenweise einen hohen Grad der Vergeistigung erreichte, an manchen Stellen nicht einmal technisch einwandfrei gewachsen. Dem Solistenquartett fehlte Einheitlichkeit und letzte

Rundung, dem Chore Disziplin. Das Geschnatter der Choristinnen noch knapp vor Beginn der Aufführung angesichts des vollbesetzten Saales ist eine Taktlosigkeit.

Welch vorbildliche Haltung zeigte dagegen der junge Tonkünstlerchor bei der mit dem Tonkünstlerorchester unter dem Salzburger Dirigenten Robert Wagner veranstalteten Aufführung von Mozarts Requiem! Auch hier war keine vollkommene Leistung erreicht, manche Tempi waren überhastet, das Orchester ließ gelegentlich an Präzision zu wünschen übrig, die Posaune des Tuba mirum war vollends unzulänglich — dennoch blieben die Zuhörer mehr im Banne des geistlichen Werkes als bei der Missa solem- nis. Unter den Solisten ragte Sieglinde Wagners stimmlich-künstlerische Leistung hervor.

Der beiden Aufführungen mangelnde liturgische Geist kam zu voller Wirkung in der Leistung des Linzer Domchors an dem vom Kulturamt Linz veranstalteten Kompositionsabend der Brüder Hermann und Josef Kronsteiner, die, von der Musik als Gottesdienst ausgehend, ihren kompositorischen Bogen bis in die volksliturgische Bewegung (Hermann) und das geistliche (und weltliche) Solo- und Scharlied spannen (Josef). Als die Höhepunkte des vielfältigen Programms können Josefs „Allerheiligen-Proprium und „Rosenmotette sowie Hermanns „Deutsches Allerseelen- Proprium und seine knappe eigenartige Klaviersuite bezeichnet werden. Den solisti- schen Teil bestritten Luise Haager-Gruber (Alt) und Gunther Radhuber (Klavier). Wenn überhaupt, bestünde für diesen Abend die Bezeichnung „Liturgisches Konzert“ zurecht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung