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Matthäus-Passion und Missa solemnis

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Im Großen Musikvereinssaal leitete Hermann Scherchen eine Aufführung von J. S. Bachs „Passionsmusik nach den Worten des Evangelisten Matthäus” durch den Singverein, die Symphoniker und die Mozart-Sängerknaben. — Für ihr traditionelles Nicolaikonzert hatten die Wiener Philharmoniker heuer Beethovens Missa solemnis gewählt, die vom Wiener Staatsopernchor gesungen und von Prof. Karl Böhm dirigiert wurde. Man pflegt — nicht nur in Wien — diese beiden Werke in repräsentativen Konzerten mit sehr großen Chören, 100 bis 150 Sängern, aufzuführen. Aber man sollte einmal genau prüfen, ob diese Besetzung für eine ideale Interpretation wirklich von Vorteil ist. Deutlichkeit, dynamische Beweglichkeit und die richtige Proportion zum Orchesterklang sind unserer Meinung nach mit einem kleinen Chorensemble besser zu realisieren. Für die Matthäus-Passion standen eine Reihe bester Solisten zur Verfügung, die wir, etwa in der Reihenfolge ihrer Leistung und ihrer Vertrautheit mit dem oratorischen Stil, nennen: Julius Patzak, Christa Ludwig, Elisabeth Grümmer (sehr eindrucksvoll, trotz Indisposition), Hermann Prey, Walter Berry, Norman Foster, Erich Majkut u. a. An der Orgel: Josef Nebois, am Cembalo: Karl Pilss. Zwischen den Extremen der ledernen Sachlichkeit und lyrischpathetischer Dramatik hat unsere Zeit längst den gültigen Aufführungsstil dieser Musik gefunden. Davon profitierte auch die Interpretation Hermann Scherchen s. Die Leistung des Chores ist besonders hervorzuheben. — Die stilistischen Probleme einer Aufführung der „M issa solemnis” sind weniger schwierig. Hier gilt es, den Beethovenschen Personalstil zu treffen, mit dem sich Prof. Karl Böhm bestens vertraut zeigte. So war die Aufführung des Werkes mit Lisa Della Casa, Christa Ludwig, Anton Dermota, Frederick Guthrie und Walter Barrylli von klassischer Vollendung. An der Orgel: Franz Schütz.

Lisa Deila Casa gab im Brahmssaal ihren ersten Liederabend. Begreiflich, daß sie sich von allen Seiten zeigen wollte, bedauerlich, daß sie hierbei etwas zuviel des Guten tat: auf dem Programm standen je zwei oder drei Lieder von insgesamt sieben verschiedenen Komponisten. Am besten gelangen ihr die Lieder von Ravel, Schoeck und Strauss. Bei Schubert, Brahms und Wolf blieb sie an Ausdruck einiges schuldig, so daß sich die mit Recht gefeierte Operndiva als Liedersängerin vorläufig noch nicht legitimieren konnte. Allerdings empfing sie von ihrem Begleiter (Karl Hudez) wenig Hilfe und Auftrieb.

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